Monte Soprassasso Ulrich Mößlang der
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Ulrich Mößlang / Volker Jeschkeit Die Befestigung des Monte Soprassasso 1914-1915 Der nicht sehr hohe Berg Soprasasso, im Trentiner Dialekt Sorasass genannt, erstreckt sich nordwestlich der Stadt Trient und hat mit seinen ins Etschtal senkrecht abfallenden Felswänden die Form eines lang gestreckten Quaders. Er besitzt 2 Gipfel, den eigentlichen Gipfel Soprasasso mit 807müNN und den weiter nordwestlich befindlichen Gipfel Dosso del Ghirlo mit 803müNN. Trotz seiner niedrigen Höhe ist das lang gestreckte
Gipfelplateau schwierig erreichbar. Der erste Weg geht von der Ortschaft Cadine aus, also bereits nach dem Werk Bus de Vela und befindet sich auf der ehemaligen Front- oder Feindseite des Berges. In Cadine biegt man rechts ab in Richtung der Zone Fer de Caval, dort befindet sich ein Parkplatz auf ca. 507m üNN. Der Weg geht über die so genannte Calcaria in Richtung Poza dela Calcara um dann den Weg 627 zu kreuzen, der dort bereits in Richtung Lago di Lamar absteigt (ca.687müNN). Nach rechts abbiegend kommt man über den Bereich Spazzadomeneghe auf den Soprasasso. Der Weg ist sehr lang, und der eigentliche steile Anstieg beginnt ab der Wegkreuzung. Man benötigt viel Zeit für Hin- und Rückweg, die man sorgfältig bei einem Tagesausflug kalkulieren muss. Der zweite ,allerdings wesentlich schwierigere aber kürzere Zugang zum Soprasasso erfolgt von der Ortschaft Vela aus (ca. 190müNN). Hier beginnt der Weg 627,genannt San Vili. Es handelt sich hier aber nicht um einen Weg, sondern im ersten Teil bis zur Kreuzung mit der ehemaligen KuK - Militärstrasse, die unterhalb des Werkes Bus di Vela beginnt, um einen sehr schmalen und sehr steilen Pfad, der wirklich nur für erfahrene und gut konditionierte Wanderer zu empfehlen ist. Dabei sollte man schwindelfrei sein, da dieser Pfad sich auch in vielen Serpentinen an einem fast senkrechten Steilhang hinaufzieht und größtenteils aus losem Untergrund besteht. Auf ca. 500müNN trifft der Pfad auf die ehemalige und schon erwähnte Militärstrasse, die über den gesamten Bereich des Soprasasso führt. Zu dieser Militärstrasse (und generell zum gesamten Bereich des Soprasasso) soll an dieser Stelle eine wichtige Anmerkung erfolgen. Seit dem Sommer 2000 erfolgt seitens der Gemeinde Trient, des Forstwirtschaftsamtes Trient in Zusammenarbeit mit der Interessengemeinschaft Bondone und anderen Freiwilligen (Alpini) ein langfristiges Programm zur Instandsetzung und Restaurierung der ehemaligen KuK - Befestigungsanlagen auf dem Soprasasso, das im Jahre 2004 deutliche und sehr erfolgreiche Ergebnisse zeigt. Weite Bereiche der Militärstrasse wurden gereinigt, ihre Struktur war perfekt erhalten, eingeschlossen alle Stützmauern und Kehrenbereiche. Sie ist somit heute ein einzigartiges Beispiel des Straßenbaues des KuK - Pioniergenies von Trient. Die beiden großen Kavernenbatterien wurden gesäubert und eine ist frei betretbar für eine Besichtigung (Batterie am Pontesel). Die 2.Kavernenbatterie im Bereich Spazzadomeneghe ist von der Seite der Kanonenöffnungen betretbar (gefahrlos), da der vordere Kasernenbereich und Zugang der Batterie heute als Baita (Raststelle) von Privatpersonen genutzt wird. Alle im Bereich der Militärstrasse liegenden Kavernen wurden gesäubert und sind frei betretbar. Ihre Eingänge aus massivem Naturstein wurden teilweise restauriert. Die oberhalb dieser Kavernen in Betonunterständen liegenden kleineren Artilleriestellungen sind frei betretbar. Besonders zu würdigen ist die Säuberung und teilweise Instandsetzung der lang gestreckten und unterirdischen Infanterieanlage (Fuciliera) oberhalb des Bereiches Poza die Pini. Durch Rodungsarbeiten wurde ein bequemer Wanderweg zu dieser Stellung angelegt. In dem obigen Bereich finden zur Zeit auch große Aufräumungs- und Rodungsarbeiten statt, um die großen Zisternenanlagen dem Wanderer zugänglich zu machen. In diesem Bereich endete auch die vom Monte Bondone und durch das Vela-Tal führende Druckwasserleitung, die zuerst auf dem Gipfel des Soprasasso anlangend, von da aus das Frischwasser in die verschiedenen Stellungsbereiche verteilte. Diese mehrere Kilometer lange Druckwasserleitung war einzigartig für den Bereich der Festung Trient. Diese Wasserleitung
begann oberhalb des Bereiches Candriai/Mandolin Insgesamt gesehen sind die Aktivitäten der Gemeinde und der anderen Beteiligten, auch mit der Unterstützung der autonomen Provinz von Trient, als ein sehr positives Beispiel anzusehen, wie die Geschichte wieder sichtbar und erlebbar gemacht werden kann. Bis 1918 war Trient österreichisch, und die Stadt war eine der größten Festungsplätze Europas und daran erinnert man sich heute wieder. Die Aktivitäten verdienen in dieser Hinsicht ein großes Lob und sind beispielhaft. Der Soprasasso ist ein Naturparadies, was die dortige Fauna und Flora betrifft. Als Ergänzung wurde
vom Amt für Forstwirtschaft eine neue und präzise Landkarte im Maßstab
1:10000 herausgegeben, die erstmalig alle Stellungsbereiche, die
zwischen 1914 und 1915 entstanden sind ,topografisch genau beschreibt. Zusätzlich ,aber bisher leider nur in italienisch, eine Broschüre über die Geschichte des Soprasasso mit interessanten Fotos und Beschreibungen. Sie erschien Ende 2003 und der Informationsgehalt bezüglich der militärischen Befestigungen ist akkurat, was bis heute eine Ausnahme ist, bezüglich der Beschreibungen zur Festung Trient. Auszugsweise übersetze
ich an dieser Stelle sinngemäß und frei eine Passage über die Baufase
dieser Befestigungen: Große Teile der Bevölkerung des Ortes Cadine und seiner Umgebung wurden gegen Bezahlung eingesetzt und so fast vollständig die männliche Arbeitskraft entzogen. Die Arbeiten an den Befestigungsanlagen und die relativ gute Entlohnung brachten „Wohlstand“ in viele sonst arme bäuerlichen Familien. Frauen und Kinder zwischen 12 und 14 Jahren trugen „Zole“ hinauf, das sind eine Art Gras- oder feste Erdfladen, mit denen die Schützengräben innen verkleidet wurden. Außerdem wurden die kleinen 10 Kilo schweren Rückenkörbe mit Zement gefüllt von den Frauen auf den Berg transportiert. Besonderen Vorteil hatte die Bevölkerung von den infrastrukturellen Maßnahmen wie zum Beispiel dem umfassenden Straßenbau, der auch ihren Belangen zu gute kam. Des Weiteren war in Cadine ein militärisches Kommando und eine Art Hilfs- oder Außenlazarettstation eingerichtet ,welche auch der eingesetzten Zivilbevölkerung zugänglich war. Die 12-14 jährigen
Kinder wurden mit 1-2 Kronen pro
Tag entlohnt, je nach Arbeitsleistung, und das war für die damalige
Zeit eine gute Entlohnung für Kinder und Jugendliche, die sie in der
Industrie nicht verdienten. In vielen Gesprächen,
die ich mit den Nachfahren der damaligen Arbeiter, Standschützen und
Landwehrangehörigen führte, kam immer wieder klar zum Ausdruck, das
die Angehörigen der KuK Armee sich vor und während des Krieges sich
gegenüber der Zivilbevölkerung immer sehr korrekt verhalten haben, und
das auch nur die kleinsten Vergehen (verbale Beleidigungen zum Beispiel)
von Mannschaften gegenüber der zivilen Bevölkerung von den Offizieren
gnadenlos bestraft wurden. Die Disziplin der
Truppe war hoch, die teilweise und zeitweise stationierten bosnischen
Einheiten wurden von der Zivilbevölkerung zuerst argwöhnisch
betrachtet, hatten aber auch aufgrund der Führungsqualitäten ihrer
Offiziere eine „eiserne“ Disziplin, was die Zivilbevölkerung auch
positiv zur Kenntnis nahm. In dieser Hinsicht
erinnert sich auch die italienischsprachige Bevölkerung des ehemaligen
Welschtirol bis heute positiv an die österreichische Zeit. Während meiner Erkundung des Soprasasso traf ich auf 2 ältere Waldarbeiter, deren Vorfahren so genannte Recuperanti waren, also eine Art Schrottsammler, die nach dem Konflikt viele Anlagen zerstörten, um den verwendeten Baustahl (Stahlträger usw.) zu gewinnen und zu verkaufen. In einem ausgiebigem
Gespräch konnte ich erstmals genau klären, wie die damaligen
Kavernenanlagen innen isoliert und wasserdicht verkleidet waren, was die
Bedeutung der seitlichen Wasserrinnen der Wände war und welche
Betontechnik angewendet wurde. Fakt ist, das ein
Grossteil aller in den Naturstein gehauenen Kavernen absolut wasserdicht
und wärmeisoliert waren, zerstört wurden die Verkleidungen (Betongewölbe),
um die Zinkbleche und das Kork-Isoliermaterial wieder zu gewinnen. Außerdem konnte ich
schlussendlich eine Frage beantworten, die mich seit mehr
als einem Jahr beschäftigte und ihren materiellen Beweis in den
Anlagen des Soprasasso fand. Kannte und verwendete
das Pioniergenie von Trient bereits den Stahlbeton? Hierbei meine ich den
heutigen verwendeten mit Rundeisen armierten Beton ,wie er beispielhaft
in Deckenkonstruktionen verwendet wird. Die Antwort ist ein
klares Ja! Erstmalig und
fotografisch dokumentiert fand ich eine solche armierte Betondecke in
der Infanterieanlage (Fuciliera) auf dem Soprasasso. Nach dem Ausbau der
Stahlträgerunterzüge (Doppel-T-Träger) und der damit verbundenen
teilweisen Zerstörung der Betondecke gaben die Recuperanti auf, die
Gewinnung des in der Decke mit gleichmäßigem
Abstand eingelegten Rundstahles war zu mühsam. Nach den bisherigen
Informationen wurden in den Betonkonstruktionen lediglich Stahlträgerkonstruktionen
(L-Eisen, T-Eisen und doppel- T –Träger) eingelegt, mit einem
Abstand, der das mechanische Stampfen des Betons (Verdichten um höhere
Festigkeiten zu erreichen) ermöglichte. Verstärkt wurden diese Decken
dann mit Stahlunterzügen aus T-Trägern. Die eigentliche
Armierung des Betons mit Rundeisen oder Rundeisengeflechten war
umstritten. Sie erschwerte das Stampfen des Betons und erschwerte
Reparaturarbeiten auf den von
schwerer Artillerie getroffenen Betondecken der Werke, die nachts mit
Schnellbinder-Zement ausgeführt wurden. Soweit in Kürze an
dieser Stelle die Informationen, die ich durch wertvolle Angaben zu
diesem Thema von Herrn Mag.W.Rosner aus Wien erhielt. Auch an dieser
Stelle meinen herzlichsten Dank dafür, an Ihn dem hochachtungsvollen
Spezialisten der Festungsgeschichte, der immer wieder die Zeit fand (und
findet) auf meine Fragen zu antworten! Warum war die Klärung
dieser Frage so wichtig? Mit Rundstahl
armierter Stahlbeton ist wesentlich „zäher“ im Verhalten gegenüber
Volltreffern auf Deckenkonstruktionen. Beides trifft auf dem
Soprasasso zu! Zudem waren die
Untersichten der Decken in der Infanterieanlage teilweise mit starkem
Wellblech oder Zinkblech verkleidet, wie ich das auch bei meinen
Erkundungen im Bereich der Betonbatterien auf dem Celvet vorfand. Warum diese ganzen
Ausführungen? Was soll bewiesen werden? Während der massiven
Beschießung der Werke auf den Hochflächen wurden in der Regel die mit
Trägern armierten Decken nicht durchschlagen. Es kam jedoch zu großen
klaffenden Rissen, die das Eindringen der giftigen Explosionsgase der
einschlagenden Granaten ermöglichten und somit die Besatzungen zu der Räumung
von Stellungen zwangen. Eine einschlagende
Granate hätte zwar zur Rissbildung geführt, aber wesentlich feinere
Risse verursacht, das Untersichtsblech hätte gefedert oder hätte sich
ggf. verbogen, giftige Gase wären aber nicht eingedrungen! Einfach
ausgedrückt: Die Stellung blieb erhalten und musste nicht zeitweilig
oder ganz geräumt werden. Ein klarer Vorteil derartiger ausgeführter
Betonkonstruktionen, und auf dem Soprasasso wurde diese 1914-15
angewandt. Entweder sie wurde
glatt durchschlagen, oder wenn nicht, hatte sie enorme Vorteile. Ja, das Pioniergenie
von Trient kannte den so armierten Stahlbeton und verwendete diese Art
der Konstruktion von Betondecken, zumindest auf dem Soprasasso. Schon auf der früheren Artilleriekarte der Artilleriestabsabteilung von Trient werden im Bereich Pontesel und Spazzadomeneghe 4 Batterien a 2 Geschützen aufgeführt. Hierbei handelt es
sich um: 3 Batterien a 2 Geschützen
9cm//75 Allein im Bereich Pontesel sind Feldstellungen für 6 Geschütze erkennbar, hinzu kommt die bombensichere Kavernenbatterie( 2 große Geschütze) und die Stellungen für Flak-Kanonen oder MG. Ähnliches gilt für
den Bereich der Kavernenbatterie (3 große Geschütze) bei
Spazzadomeneghe. Der ganze Bereich des
Bergrückens ist aber übersät mit Infanterie- und
Artilleriestellungen, Versorgungskavernen, Kasematten und Zuwegungen zu
den einzelnen Stellungen. Auch hier arbeitete das Pioniergenie von
Trient (seit 1910 unter dem Kommando von General Schiesser) sehr präzise
und mit klaren Bauausführungen. Die nachfolgenden ca.
200 Fotos der Bestandsaufnahme werden dies verdeutlichen. Volker
Jeschkeit,
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Führung auf dem Soprasasso 2006 |