Die Festung Trient

Industrialisierter Bau der Kavernen :

Der Betonzusatzstoff Ceresit

Ulrich Mößlang / Volker Jeschkeit

Ulrich Mößlang der Tauchbrillenspezialist

Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte, Festungen der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen und Dolomiten 

1. Weltkrieg 1914-1918

 


Im Verlaufe des 1.Kriegsjahres stellte sich sehr schnell heraus, das an der Dolomitenfront ,also einer fast durchgehenden Hochgebirgsfront, der Schutz der eigenen Infanterie gegen die Wirkung der Feindartillerie nur durch das Anlegen von Kavernen im Felsgestein möglich war.

Wie bereits beschrieben, wurden für den Bau und Ausrüstung der Kavernen eine spezielle Instruktion (1915) erlassen, die nicht nur die notwendige Mindestüberdeckung von 8m Felsgestein festlegte, die Abmessungen definierte und standardisierte, sondern auch die Verfahren festlegte, die als notwendig erachtet wurden, um diese Kavernen trocken zu halten und gegen Infiltrationen von Wasser zu schützen.
Die dabei angewendeten Technologien erfüllten zwar vollständig ihren Zweck, waren aber sehr material-  und arbeitsintensiv. Ihr Bau kostete viel Geld.
Daher suchte man schon bald nach schnelleren und preiswerteren Möglichkeiten,  wasserdichte  Kavernen zu bauen, vor allem , wenn diese bezüglich ihres unzureichenden Schutzes aufgrund zu geringer Felsüberdeckung innen mit Beton ausgekleidet werden mussten (mit und ohne Stahlträgerverstärkungen). Dieses war häufig der Fall, man konnte sich schließlich die Positionen der zu erstellenden Kavernen aus vielen taktischen und strategischen Erfordernissen nicht frei aussuchen.

Selbstverständlich sprechen wir hier von systematisch angelegten Kavernen oder Kavernenanlagen entweder im Festungsbau oder rückwärtiger Stellungen hinter der Front (Ruheräume der Truppe, Magazine, Kommandostellen und Stäbe der Führung sowie Munitionslagern ).

Im direkten Frontbereich wurden die zumeist einfachen Schutzkavernen in der Regel nicht vom Genie oder Pionieren angelegt, sondern von der Truppe selbst .Mit zumeist nur Handwerkzeugen (Bohrmaschinen waren rar) ausgerüstet wurde die Truppe von den Offizieren unnachgiebig zum Bau angetrieben, der reine Überlebenswille liess die zumeist erschöpften Soldaten während Kampfpausen unaufhaltsam bauen, die Kaverne war die einzige Möglichkeit im Bereiche der Frontstellung zu überleben, nicht nur als Schutz gegen die Granaten des Feindes, viel schlimmer noch, man musste den grausamen und langen Winter im Hochgebirge überleben, trotz der zum Erliegen kommenden Angriffstätigkeiten mussten die Stellungen unter allen Bedingungen besetzt bleiben.  

Der Kriegsverlauf zwang zu einer organisierten Materialbeschaffung, die Kriegsdauer zwang zu einer sehr rationierten Materialbewirtschaftung, wo man mit Erfolg einfachere ,leicht beschaffbare und preiswertere Materialien als Ersatz einsetzen konnte geschah dies auch umgehend.  

Für den strukturellen Innenausbau der Kavernen war eine Entwicklung im Bereich der Chemieindustrie von entscheidender Bedeutung.

 

Der Betonzusatzstoff Ceresit

 

Das KuK Genie hatte in der Verwendung von Beton und Stahlbeton eine sehr große Erfahrung, die Verwendung von handgeflochtenen Stahlmatten mit Rundstählen bis zu 30mm Durchmesser und enger Maschenweite ,ab 1915 im Festungsbau systematisch eingeführt, verhinderte oder erschwerte jedoch die traditionelle Stampftechnik zur gleichmäßigen Verdichtung der geschütteten Betonmischung.
Die Einführung sehr feinkörniger und flüssigere Betonrezepte, die gestochert oder gestoßen werden konnten, löste die  bislang nur mit geschredderten Gestein angereicherte und zähere Betonmischung ab. Die Struktur des Betons war wesentlich homogener und dichter, die erreichbare Festigkeit wesentlich höher.
Noch immer baute man Betondecken mit Stahlträgerunterzügen (sofern genug IP Träger oder Eisenbahnschienen zur Verfügung standen) , der Einsatz des Rundstahles war aber wesentlich effizienter und preiswerter.  

Alle diese Betontechniken hatten aber einen entscheidenden Nachteil :  

Sie waren nicht wasserdicht.

 

Der Zusatzstoff Ceresit löste das Problem:

 

Auszug aus einer technischen Produktbeschreibung der Firma Henkel zum Basisstoff Ceresit  

Die nachfolgenden Skizzen zeigen die Funktion dieses Zusatzstoffes :

 

 

Die Funktionsweise ist damit klar, dies gilt natürlich auch für den Beton, die Wirkungsweise ist die gleiche.  

Ceresit, oder wie damals auch geschrieben Zeresit , war der „Wunderstoff“, der die Kavernen trocken ließ, selbst gegen drückendes Wasser erfüllte er seinen Zweck.

 

Der Zusatzstoff konnte sparsam verwendet werden :

 

 

Obige Tabelle zeigt die Basisstoffe von Ceresit und das Mischungsverhältnis.  

Ceresit, heute ein Handelsname der Fa. Henkel, ist 1908 von den Wunnerschen Bitumenwerken in Deutschland erfunden worden. Es war der erste nicht bitumenhaltige Betonzusatzstoff und hat einen bis heute anhaltenden Erfolg.

Die Fa. Henkel , die die Wunnerschen Bitumenwerke 1986 übernahm, vertreibt dieses im Grundsatz gleiche Mittel heute unter dem Namen Ceroc CC 92.  

Heute existiert Ceresit auch als flüssig unter dem Namen Ceroc CC 93.

Die Wirkung dieses Betonadditives demonstrierten die Wunnerschen Bitumenwerke bereits 1910 auf der Weltausstellung in Brüssel.

 

 

Täglich wurde der Beton-Pavillon  mit Zehntausenden von Litern Wasser überschüttet, doch innen blieb er trocken.  

 

 

Der Zusatzstoff revolutionierte auch den Kavernen- und Festungsbau.  

 

Zuerst vereinzelt eingesetzt, ab 1916 systematischer, war er 1917 bereits  der Standard im Kavernenbau :

 

 

Man benötigte keine aufwendigen  Verlustschalungen mehr, man sparte eine große Menge an Zinkblech, Teerpappe und Holz, Materialien , die nicht nur  zur Verfügung gestellt werden mussten sondern auch wertvolle Transportkapazitäten blockierten.  

Natürlich konnte dadurch im Inneren einer Kaverne der Kondensationsanfall nicht behoben werden, ausreichende Belüftung löste dieses Problem, die Technik  der zwangsläufigen Luftzirkulation war  bereits während des Kavernenbaues vom Genie der Festung Trient 1915 mit Erfolg entwickelt und eingeführt worden.

Wo dieses aus konstruktiven Gründen nicht möglich war, baute man in die Kaverne eine zusätzliche Holzdachkonstruktion ein, die das vom Beton tropfende Kondensationswasser über das Dach in eine Wasserrinne abführte.

 

Kaverne mit zusätzlicher Außenbelüftung

Oder man bildete die Innenverkleidung so aus, das das restliche Kondenswasser von selbst ablief. Allerdings sorgte man in diesem Falle aus hygienischen Gründen für eine Zusatzbelüftung der Kaverne.  

Der Zusatzstoff  Ceresit löste das grundlegende Problem der Dichtigkeit der innen mit Beton ausgekleideten Kavernen und war somit ein weiterer wichtiger technologischer Fortschritt in der Betontechnik und im Bau unterirdischer Befestigungsanlagen.  

Das Genie von Trient , im Bau unterirdischer feldmäßiger Befestigungen von Anfang an hochspezialisiert, hatte  bei der Einführung dieser neuen Technologie wieder einmal einen entscheidenden Anteil.

Ich danke an dieser Stelle der Fa. Henkel und Ihrem Mitarbeiter H. Leeuwestein für die freundliche Unterstützung und für das zur Verfügung gestellte Material.  

Das Copyright des hier veröffentlichten Materiales verbleibt uneingeschränkt bei der Fa.Henkel. Der Nachdruck oder das Kopieren des hier veröffentlichten Materiales in jeglicher Form ist ohne ausdrückliche Genehmigung der Fa.Henkel untersagt.

 

 

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