" Werk Sebastiano " Kriegstagebuch des Werkskommandanten " Werk Cherle " Entnommen aus dem Roman Die Uhrheberrechte bei den Seiten liegen bei Albin Kühnel und sind auszugsweise auch in abgeänderter Form, auf Papier oder Datenträgen verboten.
|
Die Ereignisse im September 1915
Die
Angriffe der italienischen 9. Division auf der Hochfläche von
Folgaria in der zweiten Augusthälfte 1915 waren, wenn man einmal von
der Eroberung des Monte Maronia am 25. August absieht, gescheitert.
Der heftige angegriffene Monte Coston dagegen war immer noch in der
Hand der Österreicher. An
der Folgariafront trat zunächst eine Periode verhältnismäßiger
Ruhe ein. Die Italiener, die die Pläne zu einer Verbesserung ihrer
Stellungen auf den Hochflächen nicht aufgegeben hatten, nutzten die
Zeit zu einer Neuordnung ihrer Verbände. Sie füllten die gelichteten
Stände der Einheiten wieder auf und bereiteten sich darauf vor, schon
bald wieder die Initiative zu ergreifen. Auch
auf der österreichischen Seite wurden die Verbände neu geordnet. Das
I. Bataillon der „Oberösterreichischen Jungschützen“ kehrte am
05. September 1915 in den Regimentsverband auf die Hochfläche von
Lavarone zurück und wurde durch das X. Marschbataillon des k.u.k.
Infanterieregiments Nr. 14 ersetzt, einen selbständig agierenden
Eliteverband. Am
16. September 1915 teilte General Zoppi, der Kommandeur des
italienischen V. Armeekorps, den ihm unterstellen Divisionen (der 9.
auf der Hochfläche von Folgaria und der 35. auf der Hochfläche von
Lavarone) mit, dass die Augustoffensive zwar gewisse Verbesserungen
gebracht habe, aber Aktionen von entscheidender Bedeutung nicht
gelungen seien. Die Misserfolge der vergangenen Wochen hätten sich
ungemein schädlich auf die Moral der eigenen Soldaten und vorteilhaft
auf jene des Gegners ausgewirkt. Damit dieser Zustand nicht in
apathischer Trägheit ausarte, müssten die Operationen energisch
wieder aufgenommen werden, und zwar mit der festen Absicht, durch
Angriffe gegen unbedeutende Ziele die eigenen Stellungen zu verbessern
und damit die Möglichkeit zu schaffen, im geeigneten Moment aus
vorteilhafteren Positionen heraus offensiv zu werden. Das
war der Übergang zu einem Krieg der kleinen Schritte, der am 23.
September 1915 erste und bescheidene Erfolge verzeichnen konnte: Die
Eroberung der Malga Pioverna Alta durch Einheiten des 2.
Bersaglieriregiments und des Monte Coston durch das Infanterieregiment
Nr. 154. 5 Offiziere und 118 Soldaten des k.u.k. Bataillons X/14
gerieten dabei in Gefangenschaft. Dieser
bescheiden erscheinende Erfolg der Italiener wirkte sich allerdings
auf die Gesamtlage auf der Hochfläche von Folgaria unheilvoll aus.
Durch die Eroberung des Monte Coston hatte sich der Gegner eine günstige
Offensivbasis geschaffen und einen Artilleriebeobachtungspunkt von
allerhöchster Wichtigkeit gewonnen. Der ganze Folgariaabschnitt
sollte darunter bis zur Maioffensive 1916 leiden. 01.
September 1915 (Die)
Beschußtätigkeit mit 28 cm (Granaten)
hat ganz wesentlich nachgelassen. Heute (wurden) sieben
Blindgänger geborgen. Das ist alte, gußeiserne Munition aus dem
Jahre 1878, allerdings mit Perdyt oder einem ähnlichen Sprengstoff
gefüllt. Die Geschosse zerbrachen beim Auftreffen auf hartem Gestein
in drei bis vier Trümmer, wobei der Geschoßboden immer erhalten
bleibt. .................wesentlich geringer als die modernen
Krupp.......von wir eine ganze Pyramide aus aufgefundenen Blindgängern
erbaut haben. 02.
September 1915 Beschußtätigkeit wie gestern. Es wurden
25 Schuß 28er als Einzelschüsse mit 10 bis 15 Minuten Schußintervallen
abgegeben, nebst ca. 30 Schuß 14,9 cm in das rückwärtige Werksgelände.
Es wurde kein Beton- oder Panzertreffer erzielt. Da der Feind jeglichen Nachtbeschuß aus unbekannten Gründen eingestellt hat, kommen unsere Betonarbeiten bei vollem Einsatz der Besatzung sehr gut voran. Auf der Decke der Kehlkaserne müssen wir nahezu die ganze Decke erneuern, so zerschossen und zertrichtert ist diese. 03.
September 1915 Beschußtätigkeit wie gestern. 50 Schuß
vom Kaliber 28 cm werden von 8 Uhr früh bis 5 Uhr nachmittags auf das
Werk abgegeben. Ca. 24 Schuß im unmittelbaren Werksgelände und 14
Betontreffer, die diesmal alle im Batterieblock landen, werden
erzielt. Der 14,9 cm Beschuß (ist) schwach
mit 04.
September 1915 Beschuß mit 28 cm-Kalibern wie gestern;
an die 40 Schuß wurden auf das Werk abgegeben. Alles alte Munition,
mit welcher unser Werk niemals niederzukämpfen sein wird. Der zweite Lüfter (wurde)
heute in Betrieb genommen. Durch die vielen Lüftungsrohre wird das
Profil der ohnehin schmalen Werkspoternen noch mehr eingeengt, was ein
Passieren durch die dort bei Tag schlafenden Landsturmarbeiter sehr
erschwert. Aber dagegen ist nichts zu machen. Irgendwo müssen diese
braven, alten Soldaten ihr müdes Haupt zur Ruhe betten, damit sie für
die schweren, zu erwartenden Nachtarbeiten halbwegs ausgerastet sind;
denn bei uns gibt es praktisch keine Ruhepause, weder bei Tag, noch
bei Nacht. Nachdem ich gestern die restlichen
ausgeborgten Landsturmarbeiter wieder alle zurückbekommen habe, ist
die Belagssituation im Werk wieder zum Problem geworden. Falls
wir in weiterer Folge wieder mit schußtoten Nächten rechnen können,
werden (wir) sodann über
die vollkommen zerstörten Hindernisses darangehen, die zur Gänze
erneuert werden müssen. Für die schwere Arbeit der Ausräumung des
Frontgrabens sind uns Feldbahngeleise und einige Loren von
Ing.-Hauptmann Schneider zugesagt worden, damit die Arbeiten schneller
und leichter vorangehen. Der
heutige 28 cm Beschuß (erfolgt)
wieder nur mit alter Munition und erzielt 19 Einschläge im
unmittelbaren Werksgelände, darunter sieben Treffer auf die Eskarpe
und Kontereskarpe des Grabens. Der Kasemattenblock erhielt acht
Treffer, der Batterieblock der 10 cm Haubitzbatterie erhielt sieben
Treffer, ohne weiteren Schaden als seichte Sprengtrichter zu
hinterlassen, die uns aber weiter nicht mehr aufregen. Soeben
trifft vom Brigadekommando die Nachricht ein, daß die schon sehnsüchtig
erwartete 10 cm Haubitzmunition am Ausladebahnhof Calliano im Etschtal
eingetroffen Heute
in den frühen Morgenstunden (war)
unser alter Freund, der italienische Caproni-Doppeldecker wieder auf
Erkundigung in unserem Abschnitt Folgaria. Kaum 300 m hoch flog er
ganz langsam, natürlich völlig unbeschossen, entlang unserer
Stellungen, um festzustellen, ob sich bei uns etwas verändert hat
oder ob etwas Neues zu sehen ist. Ich ließ unsere beiden für die
Fliegerabwehr eingerichteten Maschinengewehre gar nicht feuern, da wir
die Erfahrung gemacht haben, daß es zwecklos und nur unnütze
Munitionsverschwendung ist; denn treffen können (wir)
ihn ohnehin nicht. 05.
September 1915 Heute
wieder stärkerer 28 cm Beschuß als an den Vortagen; 70 Schuß
Kaliber 28 cm, alles wieder in Zweischußlagen, werden unserem Werk
zugedacht. Es werden 32 unmittelbare Werkstreffer und 21 Betontreffer
bei sehr guter, klarer Fernsicht erzielt. Der 14,9 cm Beschuß (war)
dagegen nur gering mit 25 Schuß
gegen unsere rechte Werksflanke, ohne weiteren Schaden anzurichten. Der
rechte fixe Maschinengewehrpanzer im Batterieblock erhält in die
rechte Wange der Panzerkuppel einen 28 cm-Treffer, dessen Geschoßspitze
aber nur 8 cm tief eindringt und keinen weiteren Schaden verursacht.
Die gußeiserne Geschoßspitze zerbricht im Aufschlag auf den 20 cm
dicken Panzer, das Geschoß selbst in drei Teile. Der
Vorbeton bei den 10 cm-Turmhaubitzen Nr. II und III erhält je zwei
Vorbetontreffer, die bei jedem Panzer ca. 1 m3 Beton abräumen,
da dieser noch nicht genügend abgebunden war. Der Batterieblock erhält
sieben Treffer, der Kasemattenblock zehn, die Traditorenbatterie auf
deren Decke vier Treffer, die aber alle, außer seichten
Sprengtrichtern, keinen weiteren Schaden anrichten. Die
Wasserleitung ist wieder repariert, und die Zisterne wird heute
vollgefüllt werden. Auch
die ganze vergangene Nacht (herrschte)
wieder vollkommene Beschußstille. Wir mir unser vorgeschobener
Artilleriebeobachter berichtet, ist unser Gegner daran, die durch
unseren Beschuß auf dem Soglio d’Aspio In
der vergangenen Nacht konnten alle bis jetzt noch nicht ausbetonierten
(nur mit Betontrümmern zugeschütteten) Sprengtrichter mit Beton
ausgefüllt werden. Auch ca. 600 Rollen Stacheldraht und Rundeisen
wurden herantransportiert und an der Kehlfront des Werkes gestapelt. Derzeit
sind alle halbwegs verfügbaren Kräfte der Werksbesatzung – mit
Ausnahme der Werksbereitschaft – mit dem Heranschleppen der 10 cm
Haubitzmunition im Einsatz. 06.
September 1915 Schwächerer
28 cm Beschuß als gestern. Es werden ca. 50 Schuß auf unser Werk
abgegeben und 26 Werkstreffer erzielt. Mindestens zehn Kurzschüsse
beschädigten wieder stark die oberen Ränder der Eskarpe und
Kontereskarpe im Frontgraben und sprengten viel Felsmaterial ab, das
in den Graben geworfen wird. An Betontreffern werden elf erzielt.
Diese verteilen sich mit sechs Deckentreffern auf dem Kasemattenblock,
zwei Deckentreffern auf die Traditorenbatterie und zwei Treffer auf
dem Batterieblock. Die Ausbetonierung der Sprengtrichter erfolgt heute
nacht, falls wir wieder keinen Feindbeschuß zu erwarten haben. Der
heutige 14,9 cm Beschuß richtete sich hauptsächlich gegen unsere
Werkszugänge; jedoch entstanden infolge leicht unsichtigen Wetters
keine besonderen Schäden. Lediglich in der oberen Werkszufahrt liegen
fünf Einschläge im Straßenkörper. Wenn
der Feindbeschuß mit der alten 28 cm Munition nicht wesentlich
intensiver wird als in den letzten Tagen, und die Nächte weiterhin
schußtot bleiben, kommen (wir)
mit den Betonarbeiten an den während des Tages entstandenen Schäden
leicht zurecht. Der
dritte elektrische Lüfter für den Batterieblock (ist) heute
gegen Mittag in Betrieb genommen (worden)
und funktioniert, soweit man das bis jetzt beurteilen kann,
ausgezeichnet. Die Monteure haben sich bei mir bereits abgemeldet, und
(wir) werden versuchen,
deren umfangreiches Werkzeug und sonstiges Material heute Nacht aus
dem Werk zu schaffen, um uns wieder freier bewegen zu können. Gestern Nacht
(haben wir) mit 300
Mann Werksbesatzung 835 Verschläge Heute
sind (wir) daran, mit der
Erneuerung der Fronthindernisse zu beginnen. Ich habe für diese
Arbeit über 100 Landsturmarbeiter eingesetzt, während ca. 50 Mann
laufend mit dem Herantragen der Stacheldrahtrollen und der
Rundeisen zu
tun haben.
Leichter Nebel, Ein
Wunder ist geschehen. Heute in den frühen Morgenstunden hatten (wir)
Besuch des Batteriekommandanten Oberleutnant Hanbauer (von)
der alten Wahrscheinlich
hat es unser Brigadier beim Landesverteidigungskommando für Tirol
doch durchgesetzt, daß das Festungskommando Trient auf „Höchsten
Befehl“ mit den ängstlich gehüteten Reservegeschützen herausrücken
mußte, die für unsere mobile Verteidigung so dringend notwendig
sind. 07.
September 1915 Heute verstärkter 28
cm Beschuß mit 70
auf unser Werk abgegebenen Schüssen. Erzielt wurden 24 Werkstreffer
im unmittelbaren Werksgelände und 17 Betontreffer, die sich wie folgt
verteilen:
10 Treffer auf die Decke des Kasemattenblocks;
1 Treffer auf die Decke der Grabenstreiche und
6 Treffer auf die Decke des Batterieblocks. Die
Vorbetons bei den 10 cm Turmhaubitzen Nr. I und IV erhalten außerdem
je einen Treffer von geringer Wirkung. Die
Panzerkuppel der 10 cm Turmhaubitze Nr. II erhält einen Volltreffer
auf die linke Wange, ohne weiteren Schaden anzurichten. Die Spitze des
Geschosses steckt im Panzer und ist ca. 10 cm tief eingedrungen. Durch
die Chockwirkung ist die Hebevorrichtung der Panzerkuppel blockiert
und etwas am Auflager verschoben. (Die) Panzerkuppel
(ist) derzeit nicht
drehbar. (Der) Skodamonteur
(ist) mit der Behebung der
Störung bereits beschäftigt und verspricht mir, den Schaden bis um
Mitternacht beheben zu können. Die
Hebevorrichtungen der
Panzerkuppeln
sind zu filigran in ihrer Ausführung
(und) deshalb
bei stärkerer Erschütterung der Panzerkonstruktion immer leicht
havariert. Der
Verdecksausgang im Batterieblock (wurde)
heute wieder durch zwei in der Nähe einschlagende 28 cm (Granaten)
restlos verschüttet. Wie
unser vorgeschobener Artilleriebeobachter auf dem Durer heute
feststellt, werden auf dem Soglio d’Aspio auf Kote 1.340 vier
Bettungsgeschütze vom Kaliber 14,9 cm eingebaut. Unsere neuerliche
Bitte an das Artilleriegruppenkommando Major Wodicka, die Arbeiten zur
Feuerbereitschaft der Batterie mit 200 Schuß meiner 10 cm
Turmhaubitzen zu stören, wurde leider wieder abgelehnt, „um
Munition zu sparen“, wie der Befehl lautete. Dabei haben (wir) im
September bis heute noch nicht einen einzigen Schuß abgegeben (!!!),
obwohl sich wiederholt lohnende Ziele geboten hatten, die alle im
vollen Wirkungsbereich meiner 10 cm Turmhaubitzen lagen. So müssen (wir)
untätig zusehen, wie der Italiener eine Batterie nach der anderen in
Stellung bringt, ohne in der Lage zu sein, ihn zu schädigen. 08.
September 1915 Der
28 cm Beschuß (erfolgt) seit
9 Uhr früh wieder in Zweischußlagen mit einem Aufwand von 65 Schüssen.
Leichter zeitweiliger Nebel behindert die feindliche Beobachtung
anscheinend sehr wesentlich, da nur 29 Einschläge im unmittelbaren
Werksgelände erzielt wurden; außerdem (gab es) mindestens
20 Weitschüsse, die über unser Werk hinwegbrausten und irgendwo im
Wald krepierten. Es
wurde heute kein Beton- oder Panzertreffer erzielt. Während der schußtoten
Nacht (haben wir) alle
Sprengtrichter vom gestrigen Beschuß ausbetoniert. Ebenso wurde der
vollkommen verschüttete Verdecksausgang im Batterieblock wieder
freigelegt. Die frontseitige Stützmauer des Verdecksausgangs ist in
einer Länge von 3,5 m eingestürzt, und (wir)
werden heute
Nacht
versuchen, den Schaden mit einer neuen Betonmauer
auszuflicken. Der
14,9 cm Beschuß (war) heute
schwach mit 30 Schüssen, die alle unseren Zugangswegen galten. 09.
September 1915 Schwächerer
28 cm Beschuß als gestern mit ca. 40 abgegebenen Schüssen. Es wurden
elf Treffer im unmittelbaren Werksgelände und nur sieben Betontreffer
erzielt. Davon wurde der Kasemattenblock zweimal, der Batterieblock fünfmal
getroffen. Ausgerechnet einer der letzten Schüsse traf gegen 6 Uhr
abends die Panzerkalotte des Verdecksausgangs im Batterieblock. Diese
wurde zwar nicht durchschlagen, aber von dem Auflagerbeton mindestens
2 m3 abgesprengt und der Stiegenaufgang neuerlich verschüttet. Alle
Betonschäden von gestern (sind) behoben.
Die Panzerkuppel (ist)
wieder voll dreh- und hebbar, und die Turmhaubitze hat wieder 3600
Verschwenkungsfeld. 10.
bis 12. September 1915 Nur
geringer Beschuß mit 28 cm Kalibern in den letzten drei Tagen. Es
wurden ca. 85 Schuß Kaliber 28 cm auf das Werk abgegeben. Dagegen war
der 14,9 cm Beschuß mit einem Von
den Betontreffern erhielt die Decke der Kehlkaserne drei Einschläge,
ein Einschlag (ging) in den
Vorbeton des einen fixen Maschinengewehrpanzers auf der Decke das
Kasemattenblocks und fünf Deckentreffer in den Batterieblock. Gestern
nacht (fanden) laufend
Feuerüberfälle der 14,9 cm Batterie auf Toraro nur mit Schrapnells
auf unsere Werksdecken und die Werkszufahrt (statt). Unsere
Ausbesserungsarbeiten wurden dadurch empfindlich gestört, und (wir)
hatten schmerzliche Verluste
von zwei Toten und sechs Verwundeten zu beklagen. Die
Werkslüftung arbeitet zu meiner vollen Zufriedenheit und (das
Werk) ist nun auch bei stärkstem
Belag immer gut durchlüftet und der Aufenthalt in den Kasematten, die
alle überbelegt sind, nun so halbwegs erträglich. Unser
Dieselmotor ist durch den Anschluß der beiden elektrischen Lüfter
schon so überlastet, daß wir alle nicht unbedingt notwendige
Beleuchtung im Werk abschalten, damit der Generator mit der
notwendigen Stromerzeugung nachkommt. Hoffentlich hält er durch und
haben (wir) keine Havarie
oder sonstiges Gebrechen zu befürchten. Über vier Monate arbeitet
der Dieselmotor mit dauernder Überlastung Tag und Nacht, ohne (die)
geringste Pause, und es ist
erstaunenswert, was die MAN-Dieselmotore aushalten. Meine zwei Dieselwärter
sind auch einmalige Burschen in ihrem Fach, auf die man sich verlassen
kann. 13.
September 1915 Stärkerer
28 cm Beschuß als gestern mit einem Aufwand von ca. 50 Schuß. Es
werden zwölf Werkstreffer und nur acht Betontreffer erzielt. Alle
Einschläge (liegen) im
Kasemattenblock, darunter drei Einschläge im gleichen,
vorangegangenen Sprengtrichter, dessen Beton noch nicht ganz
abgebunden war. Die 28 cm Einschläge rissen den frischen Beton bis
auf die Oberflanschen der Trägerdecke in einem Umkreis von ca. 1 m2
auf, was bei vier Trägern bleibende Durchbiegungen von 2 bis 4 cm
hervorrief. Während der Nacht kurze Feuerüberfälle der 14,9 cm
Batterie, doch hatten (wir) keine
Verluste zu beklagen. 14.
September 1915 Infolge
starken Nebels, welcher den ganzen Tag anhält, kein Beschuß mit 15.
September 1915 Nur
schwacher 28 cm Beschuß, alles in Einzelschüssen. Diese liegen sehr
gut geschlossen und zeigen fast keine Streuung. An die 35 Schuß (Kaliber)
28 cm und 40 Schuß Kaliber
14,9 cm wurden auf unser Werk abgegeben. An Werkstreffern wurden ca.
24 Einschläge im unmittelbaren Werksgelände und fünf Betontreffer
auf den Kasematten- und den Batterieblock erzielt. Keine wesentlichen
Schäden, außer seichten Sprengtrichtern. Mit der Erneuerung der Hindernisse geht
es gut voran; wir haben bereits die äußerste Zone fertig und werden
heute Nacht mit der zweiten, inneren Hindernisreihe beginnen. Die 28
cm Batterie mit der alten Munition richtet an den Hindernisreihen verhältnismäßig
geringe Zerstörungen an, da die Geschosse zum Großteil beim
Krepieren in drei bis fünf Trümmer zerlegt werden ohne die sonstige
Splitterwirkung, wie dies bei der neuen Munition der Kruppgeschosse
M 12 der Fall war. Gestern
Nacht kein Feindbeschuß. 16.
bis 22. September 1915 Infolge
sehr schlechten Wetters (mit) Nebel
und Regen kein 28 cm Beschuß. Auch der 14,9 cm Beschuß war in den
sieben Tagen nicht aufregend und betrug ca. 200 Schuß, davon zum Großteil
Schrapnells gegen unsere Zugangswege zum Werk. Mit
allen Reparaturen sind (wir) nun
auf das Beste vorangekommen und haben die schußtote Zeit reichlich
genützt. Die drei Reihen Hindernisse sind fertig; auch das Hindernis
an der Kehlfront wurde zum Großteil erneuert. Das Ausräumen des
Grabens wurde von zwei Seiten in Angriff genommen und schreitet unter
dem Einsatz aller verfügbaren Kräfte und der zur Verfügung
gestellten Loren auf Schienen rüstig voran. In acht Tagen werden wir,
wenn es klappt, auch diese Arbeit hinter uns haben. Die
neue Batterie auf dem Soglio d’Aspio hat sich als einen vierpiecige
Mörserbatterie alten Modells entpuppt. Vorgestern hat sich diese auf
unsere Infanteriestellungen am Durer und Kote 1.602 eingeschossen. Überhaupt
war das feindliche Störungsfeuer im ganzen Frontabschnitt während
des Tages auf die vorgelagerten Infanteriestellungen sehr lebhaft;
alle Kaliber von 7 bis 21 cm standen in Tätigkeit. Wenn alle diese
Anzeichen nicht trügen, so hat der Feind wieder etwas vor und dürfte
einen neuen Versuch, doch noch vor dem Winter auf Folgaria
durchzubrechen, vorbereiten. Nun, wir sind bereit, ihn dementsprechend
zu empfangen. Gestern
war ich als Werkskommandant mit drei Herren meiner Offiziere bei
seiner Exzellenz F.M.L. Edler von Verdroß zur Feier seiner Ernennung
zum Feldmarschall-Leutnant eingeladen. Im Namen meiner Werksbesatzung
überbrachte ich die Glückwünsche zur Ernennung, und (es) war
ein einmaliges Erlebnis, daran teilnehmen zu dürfen. Auch unsere
Kameraden der Werke „Sommo“ und „Serrada“ wie von den Werken
„Verle“, „Lusern“, „Gschwent“ und „Cima di Vezzena“
waren anwesend. Es gab Gedankenaustausch über unsere Erlebnisse in
den Lavarone-Folgariawerken noch und noch. Seine Exzellenz war
leutselig wie immer und sparte nicht mit dem Lob, was wir mit unseren
Werken zur Erhaltung der unerschütterlichen Front an Hilfe unserer
Infanterie und Stellungsbesatzungen geleistet haben. Seine Exzellenz
hob in seiner Ansprache ausdrücklich hervor, daß sein ganzer
Brigadebereich auf Lavarone-Folgaria ohne den Heldenmut der
Werksbesatzungen nie und nimmer hätte gehalten werden können, und daß
auch in Zukunft die Panzerwerke beider Plateaubefestigungen
unbezwingbare Bollwerke bleiben werden. 23.
September 1915 Nur
schwacher, sehr ungenauer 28 cm Beschuß mit einem Aufwand von ca. 35
Schuß in Einzelschüssen mit alter Munition. Sehr große Längen und
Breitenstreuung. Im
Werksgelände schlugen ca. 18 Treffer ein, doch wurde kein Beton oder
Panzertreffer erzielt. Viele Weitschüsse gingen über das Werk hinweg
in unsere Kehlhindernisse, ohne aber dort größere Schäden
anzurichten. 24.
September 1915 Kein 28 cm
Beschuß! Auch das 14,9
cm-Feuer schweigt trotz des schönen Wetters mit klarer Fernsicht, die
bis um die Mittagszeit anhält. Punkt
1 Uhr mittags eröffnen nach und nach alle auf Folgaria in Stellung
befindlichen Feindbatterien (das)
Feuer auf die vorgeschobenen Infanteriestellungen im Abschnitt „Sommo“
und „Serrada“. Speziell auf das Plateau des Monte Maronia (dem
Werk „Serrada“ vorgelegte Infanteriestellung), auf Kote 1.704,
liegt schweres Feuer. In
unserem Werksabschnitt „Sebastiano“ liegt die Durerposition und
Kote 1.602 (
ca. 350 m südöstlich vom Durer gelegen)
sowie die Vorstellung auf Kote 1.446 (
knapp südlich der Malga 10 posto gelegen)
unter dem Feuer von Gebirgsgeschützen und einigen Mittelkalibern.
Unser Werk „Sebastiano“ bleibt von dem erwarteten 28 cm Beschuß
verschont. Dagegen liegt unser Werk ab ca. 3 Uhr nachmittags unter dem
Dauerfeuer mit Sprenggranaten der 14,9 cm Batterie auf Toraro, das
sich gegen unsere rechte Flanke (Traditorenbatterie) und den
Batteriekomplex der 10 cm Turmhaubitzen richtet. Auch die neu
etablierte 14,9 cm Mörserbatterie auf (dem) Soglio
d’Aspio hält die Durerstellung unter langsamem Beschuß. Vom
Brigadekommando wird höchste Alarmbereitschaft angeordnet, da alle
Anzeichen dafür sprechen, daß der Feind im Raum „Sommo“-„Serrada“
einen Großangriff plant. Wir haben - trotz meiner Bitte und
Vorstellung beim Artilleriegruppenkommando – noch „keine
Feuererlaubnis“ erhalten, um die lästige Batterie auf (dem) Soglio
d’Aspio sowie eine 7 cm Gebirgsbatterie auf dem Monte Coston (Kote
1.754), die heute das erste Mal in Erscheinung tritt, zu bekämpfen
und außer Gefecht zu setzen. Gegen
4 Uhr nachmittags erreicht das feindliche Artilleriefeuer seinen Höhepunkt.
Speziell die Maronia ist in dichte Rauch-, Qualm- und Sprengwolken gehüllt.
Außer den Mittelkalibern feuert auch die 28 cm Batterie auf dem
Venapaß, die sonst unserem Werk mit ihren 28ern immer hart zusetzt,
auf die Landeschützenstellung am Plateau des Monte Maronia. Soweit
mir bekannt (ist),
verteidigt dort nur eine schwache Kompanie Landesschützen mit etwa
maximal zweihundert Gewehren diese Vorstellung des Abschnitts
„Serrada“. Die braven Burschen tun uns leid; (wir müssen zu-)
sehen, wie es dort wie ein Stahlgewitter niedergeht.
(Hier irrt Hauptmann Proksch! Die Landesschützen waren bereits am 9.
September 1915 vom Bataillon X/14 abgelöst worden). Um
4 Uhr nachmittags geht bereits italienische Infanterie im Abschnitt
Plaut (gegen) die
Vorstellung Bocca Orsara (Kote 1.617) und Kote 1.653
(zwischen Kote 1.602 und Kote 1.617 gelegen)
zum Angriff über. Obwohl unserer Durerposition dauernd unter dem
Feuer leichter Kaliber liegt, ist aber zu erkennen, daß es der
Italiener auf die Maroniaposition und den Plautabschnitt abgesehen
hat, während gegen unseren Abschnitt im Raum Werk „Sebastiano“
nur Ablenkungsangriffe zu gewärtigen sind. Gegen
die Maronia greift der Feind mit mindestens drei Bataillone von Süden
und Osten an, um die für ihn so lästige Vorstellung, die wie ein
Dorn in seinem Fleische sitzt, endlich in Ich
als Werkskommandant stehe mit dem Artilleriegruppenkommando in
direkter Sprechverbindung und gebe die mir von diesem befohlenen
Ziele, die unter Beschuß zu nehmen sind, an meine Werksartillerie,
welche ich in drei Halbbatterien geteilt habe (zwei 10 cm Haubitzen
der Traditorenbatterie und zwei mal zwei 10 cm Haubitzen der
Turmhaubitzbatterie) weiter. Meine zwei Artilleriebeobachter auf dem
Durer und Kote 1.653 korrigieren laufend die Schußelemente der ausgefeuerten
Halbbatterielagen der 10 cm-Haubitzen, damit diese genauestens in den
befohlenen Zielen liegen. Nachdem wir – außer dem uns nicht mehr
aufregenden 14,9 cm Beschuß gegen die rechte Werksflanke und den
Batterietrakt – vom 28 cm Beschuß verschont bleiben, spielt sich
unser Einsatz der Werksartillerie wie im Frieden ohne jegliche Störung
oder Verzug ab. Jeder meiner Artilleristen weiß, was er zu tun hat,
und jeder Handgriff der Geschützbedienungsmannschaften ist bedacht
und seit Monaten einexerziert, um höchste Leistungen von den
Artilleristen fordern zu können. Da
jede unserer unverrückbaren und stabil montierten 10 cm Haubitzen auf
den Meter genau im Terrain vermessen ist, ist es unter Zuhilfenahme
des Batteriemeßplans I : 25.000 eben jederzeit möglich, die
befohlenen Ziele unter Punktfeuer zu nehmen und beste Schußergebnisse
zu erzielen. Aber unser 10 cm Skodahaubitzen sind auch einmalig in
ihrer Qualität und konstruktiven Durchbildung. Ohne dem Vorhandensein
dieser hervorragenden Geschütze und deren technischer Einrichtung für
die elektromechanische Feuerleitung könnten unsere ausgezeichneten
Schußergebnisse trotz bester Geschützbedienung und Beobachtung nicht
in diesem Ausmaß erreicht werden. Unsere
Traditorenbatterie feuert in das Angriffsgelände des Plaut, während
zwei 10 cm Haubitzen die 14,9 cm-Mörserbatterie auf dem Soglio
d’Aspio und zwei 10 cm Turmhau-bitzen den Osthang der Maronia mit
seinen italienischen Angriffskolonnen unter Feuer nehmen. Auch die
Werke „Sommo“ und „Serrada“ sowie die mobile Artillerie des
Folgaria-Abschnitts treten nach und nach in Aktion. Unsere
einmaligen Landesschützen schlagen den ersten Feindangriff ab, aber
die Übermacht von mindestens 2.500 Mann gegen kaum 200
Landesschützen ist zu groß, um die Maronia halten zu können. Das
Brigadekommando befiehlt daher gegen ½ 6 Uhr abends, die Maronia zu
räumen, damit die Landesschützen nicht nutzlos gefangen werden und
ein zweites Monte Coston-Debakel vermieden wird. Um
den Rückzug der Landesschützen zu ermöglichen, befiehlt das
Artilleriegruppenkommando Sperrfeuer auf das Maronia-Plateau, und
diesen gelingt es, sich unter Mitnahme aller Verwundeten von dem nicht
nachdrängenden Feind zu lösen, der durch unser „Punktfeuer“ in
seine Angriffsreihen behindert wird, in den eroberten Stellungen
verharrt, und unsere Landesschützen deshalb, bevor der Einschließungsring
geschlossen wird, gerade noch durchschlüpfen können und so der
Gefangennahme entgehen. Der
Feindangriff gegen die Plautstellung wurde von den tapferen Standschützen
blutig für den Feind abgeschlagen. Ein vorübergehender Einbruch des
Feindes in die Vorstellung auf Kote 1.617 (Bocca Orsara)
(wird) aber im Nahkampf
bereinigt. Mein
Artilleriebeobachter auf Durer meldet mir ausgezeichnete Schußergebnisse
unserer 10 cm Turmhaubitzen gegen die neu in Aktion getretene 14,9
cm-Mörserbatterie, die unter dem Hagel unserer 10 cm
Granatschrapnells und –Sprenggranaten ihr Feuer einstellen mußte.
Ein Geschütz (wurde) dort
durch Volltreffer demoliert, laufende Explosionen und Brände der
Bereitschaftsmunition sind mit freiem Auge erkennbar. Erst gegen ½ 8
Uhr abends, als unsere Landesschützen auf ihrem Rückzug die eigenen
Linien erreicht hatten und der Italiener die Maronia endgültig in
Besitz genommen hatte, verstummt allmählich das Artilleriefeuer auf
beiden Seiten. Unsere sonstige Abwehrfront ist fest in unserer Hand,
wie bisher. Die
zwölf 10 cm Panzerhaubitzen der Folgariawerke
(
sechs des Werks „Sebastiano“, zwei der Werks „Sommo“ und
vier des Werks „Serrada“) Unser
Munitionsverbrauch war auch dementsprechend und betrug heut knapp an
die tausend Schuß 10 cm Sprenggranaten und Granatschrapnells, an
deren Ersatz kaum zu denken ist. Aber wir haben das Bewußtsein,
unseren braven Landesschützen geholfen und vor dem bitteren Los der
Gefangenschaft bewahrt zu haben. Unser Werkslazarett passierten heute in den Abendstunden 53 Verwundete, alles Standschützen aus unserem Abschnitt, deren Verwundungen zum Großteil dem Beschuß der neuen 14,9 cm Mörserbatterie auf dem Soglio d’Aspio zu verdanken sind. Zwischenbemerkung Ich muss hier noch einmal – und
diesmal umfassend – auf die angebliche Räumung des Monte Maronia
und die Besetzung durch die Italiener eingehen. Das
österreichische Generalstabswerk schreibt im Band III auf Seite 381 f unter der Überschrift: Die
Kämpfe vor Vielgereuth folgendes: „Die Steigerung des italienischen
Geschützfeuers gegen die Hochfläche von Vielgereuth, die schon im
ersten Drittel des September eingesetzt hatte und dann anhielt, ließ
feindliche Angriffsabsichten erkennen. Sie richteten sich zunächst
gegen den weit vorgeschobenen Posten auf dem Coston, der noch immer
nur von einer Kompanie des oberösterreichischen Bataillons X/14
besetzt war. Wohl vermochte diese kleine Schar am 14. September einen
Angriff von zwei italienischen Bataillonen der 9. Infanteriedivision
abweisen. Doch nun schritten die Italiener zur Einkreisung der auch
unter quälendem Wassermangel leidenden Besatzung. Trotzdem schlug sie
am 18. wieder einen Angriff zurück. Mangelhafte Verbindung in dem unübersichtlichen,
mit Gebüsch durchsetzten Gelände ließ das 180.
Infanteriebrigadekommando erst am 21. die allseitige Umklammerung des
Coston erkennen. Da Reserven nicht sofort zur Hand waren, konnte ein
Entsatzversuch erst am 22. unternommen werden; er misslang gegen die
feindliche Übermacht. Am 23. fiel der Rest der eingeschlossenen
Costonverteidiger in Gefangenschaft, nachdem ihr Versuch, sich durch
den etwa drei Regimenter starken Feind durchzuschlagen, gescheitert
war. Der rechtzeitig erteilte Befehl zur Räumung der völlig
ausgesetzten Vorstellung hätte den heldenhaften Verteidigern dieses
traurige Los erspart.“ Das
italienische Generalstabswerk schreibt im Band II auf Seite 337: „Beachtenswert
war an diesem Frontabschnitt im Monat September die für uns überraschend
erfolgte Besetzung des Kotes 1.778 (Malga Pioverna alta) im Costa
d’Agra-Gebiet durch schwache Einheiten des der
9. Division angehörenden 2. Bersaglieriregiments am
22. September und die Eroberung des Monte Coston durch Einheiten der
Brigade „Novara“ und des Einzelheiten
erfahren wir aus der Regimentsgeschichte des Bataillons X/14
auf Seite 29 ff.: „Am
15. September begannen die Italiener die infanteristische Aktion gegen
den Mt. Coston, den am weitesten vorgeschobenen, ungefähr 2 km vor
der eigenen Stellung befindlichen Stützpunkt, der von der 1. Kompanie
(Oberleutnant Tenschert) besetzt war. Nach zweimaligem, vergeblichem
Anlauf änderte der Feind seine Taktik. Jedem weiteren Blutvergießen
ausweichend, schnürte er den Mt. Coston mit vielfacher Übermacht von
der Hauptverteidigungslinie ab, was ihm am 19. September auch wirklich
glückte. Ein Vereiteln dieses Unternehmens war aus Mangel an genügenden
Reserven nicht möglich; auch die eigene Artillerie war zu schwach,
die völlige Einschließung durch Sperrfeuer zu verhindern. Ohne jeden
Verpflegungs- und Munitionsnachschub, ganz und gar auf sich selbst
angewiesen, boten die tapferen Costonverteidiger dem Feind
nichtsdestoweniger mannhaft die Stirne. Doch was auch der feindlichen
Übermacht im Kampfe nicht gelang, sollten die grinsenden Gespenster
Hunger und Durst und der Mangel an Munition vollbringen. Wohl wurde
mit drei herangezogenen Bataillonen ein Gegenangriff zum Entsatz der
Costonbesatzung versucht; doch das Schicksal dieses Felsennestes
konnte nicht mehr aufgehalten werden. „...Am
21. erkunden herzhafte Hessen, dass man nirgends mehr durchkönne; der
Ring ist geschlossen. Auch im Norden und im Nordwesten sind zwei
feindliche Linien mit starrenden Hindernissen. Die eine hat Front
gegen den Durer (eigene Hauptstellung), die andere gegen den Coston,
gegen uns. „...Am 22. leuchtet noch ein
Hoffnungsschimmer auf. Das Gruppenkommando Folgaria hatte Verstärkungen
bekommen, die nochmals zu unserem Entsatz verwendet werden sollten. Um
dieselbe Zeit wie gestern erfolgte der Angriff. Verheißungsvoll nähert
sich der Gefechtslärm von Pioverna Alta und Malga di Costone. Aber
nach 10 Uhr abends tritt Ruhe ein. Der linke Flügel der vorrückenden
Truppe war bei der Malga Costone in flankierendes Maschinengewehr- und
Artilleriefeuer geraten, die gute Absicht, uns noch im letzten Moment
zu retten, war wieder vereitelt worden...Um Mitternacht kam der
optische Befehl, den Coston zu räumen. Zu spät! Am 20 September wäre
es vielleicht noch gegangen, ohne Vernichtungsgefahr durchzukommen.“ Der
Ausbruchsversuch scheiterte. Nur dem Sanitätskadetten Werkgartner
gelang es, mit drei Mann heil die eigenen Stellungen zu erreichen.
Alle anderen gerieten, soweit sie nicht gefallen waren, in
italienische Gefangenschaft. Nach italienischen Angaben
waren es 5 Offiziere und 118 Mann. Warum
Hauptmann Proksch und auch der Kommandant des Werkes „Sommo“ in
seinem Tagebuch immer wieder von der Räumung des Monte Maronia
schreibt, wird wohl für immer ein Rätsel bleiben. Vielleicht lag es
an den verwickelten Geländeverhältnissen dieser Gegend, die zu der
Namensverwechslung führten, vielleicht liegt es aber auch daran, dass
in den Originalen der Werkstagebücher die einzelnen Stellungsteile
mit den damals aus Geheimhaltungsgründen üblichen Decknamen
bezeichnet waren und Karl Lipscher bei der Übertragung Fehler
unterlaufen sind. Er schreibt ja auch immer von Kaiserschützen,
obwohl die Landesschützen erst im Laufe des Jahres 1917 umbenannt
worden sind. 25.
September 1915 Kein
28 cm- und 14,9 cm Beschuß. An der ganzen Folgariafront (herrscht)
Beschußstille. Auch die gestrige Nacht verlief ohne Störungsfeuer
oder Feuerüberfälle völlig ruhig. Die im Werkslazarett noch
untergebrachten, nicht gehfähigen 26 Verwundeten konnten erst heute
in den Abendstunden an das Feldspital in Folgaria abgeschoben werden,
da die dafür notwendigen Sanitätsautos derzeit nicht verfügbar
sind. Die
ganze Nacht (haben wir) an
der Erneuerung der dritten Hinderniszone und an der Ausräumung des
Grabens gearbeitet. 26.
September 1915 Kein 28 cm
Beschuß! Nur gelegentliches,
unbedeutendes Schrapnellfeuer der 14,9 cm Batterie auf Toraro gegen
die Werkszufahrt. Auch in der vergangenen Nacht kein Feindbeschuß
oder sonstige Störungen, die unsere Außenarbeiten beeinflußt hätten. Alle
nicht gehfähigen Verwundeten der vorgestrigen Abwehrkämpfe (wurden)
heute Nacht in das Feldspital
nach Folgaria abgeschoben. Laut
Befehl des Brigadekommandos haben (wir) von
unseren Landsturmarbeitern drei Unteroffiziere und hundert Mann
abzugeben, die irgendwo in unserem Frontabschnitt Folgaria gebraucht
werden. Sie scheiden endgültig von meiner Werksbesatzung aus, was
eine große, fühlbare Erleichterung der Belags- und Verpflegungsverhältnisse
bringen wird. Die
Arbeiten am Stollenausbau ruhen seit zwei Tagen, da es derzeit an
Sprengstoff (Chlorat oder Dynamon) mangelt, die erst wieder in einigen
Tagen zu erwarten sind. Unser Waffenmeister hat bereits alle
geborgenen Blindgänger an 28ern und 14,9ern und sonstigen Kalibern
desaktiviert und den darin enthaltenen Sprengstoff dem Stollenausbau
zur Verfügung gestellt. Aber das ist ein Tropfen auf den heißen
Stein. Ohne verläßlichen Nachschub an Sprengmaterial ist es derzeit
nicht abzusehen, wann der Sicherheitsstollen fertigzustellen sein
wird. 27.
September 1915 Kein
28 cm Beschuß und nur wenige 14,9 cm Lagen gegen unsere Werkszufahrt.
Auch die vergangene Nacht verlief vollkommen ruhig, und (wir) konnten
ungestört an die Erneuerung der Hindernisse und (die) Ausräumung
des Werksgrabens gehen. 28.
September 1915 Kein 28
cm Beschuß.
Nur wenige Lagen 14,9 cm-Schrapnells gegen unsere Werkszufahrt in den
Abendstunden. Kein Feindbeschuß während der Nachtstunden, so daß
ungehindert an den Außenarbeiten geschafft werden konnte. 29.
September 1915 Kein 28 cm
Beschuß und nur zehn Schuß
Kaliber 14,9 cm um die Mittagszeit auf den Trainabstellplatz an der
Zufahrt zum Werk. Nur zwei Einschläge im Straßenkörper, sonst keine
Schäden. Das
ca. ½ m2 große Einschußloch durch die Frontmauer der
Blinkstation (Fernsignalstation zum Werk „Sommo“) (wurde) gestern
nacht wieder ausbetoniert, und die Apparaturen für die
Fernsignalisierung (wurden) wieder
montiert (und) die Station
heute wieder in Betrieb genommen. Unseren
Skodamonteur haben (wir)
laut Anweisung (von) Ing.-Hauptmann
Schneider vorübergehend an die Werke „Sommo“ und „Serrada“ für
Überholungsarbeiten der Turmhaubitzen und Drehpanzer ausgeborgt. 30.
September 1915 Kein
28 cm Beschuß! Nur wenige Lagen Schrapnells auf unseren Trampelweg,
da sich dort wieder leichtsinnig Landsturmarbeiter zeigten, was den
Feind veranlaßte, einige Lagen Schrapnells loszulassen. Der
Unverstand der Slowenen, die kein Wort deutsch verstehen, kostet ihnen
einen Toten und fünf Verwundete. Alle diesbezüglichen Ermahnungen
und Befehle nützen nichts, und (daher) müssen
(sie) ihren Unverstand mit
ihrem Blut bezahlen. Speziell
die Feindbeobachter auf dem Monte Coston passen wie die Schießhunde
auf jede unvorsichtige Bewegung außerhalb des Werkes auf und schon
kracht es und sind einige Lagen Schrapnells da. Dann gibt es Geschrei
nach den Sanitätern und Wehklagen. Heute
habe (ich) großes
Reinmachen für unser Werk angeordnet, das nun nach dem Abzug der 100
Mann Landsturmarbeiter eine der vordringlichsten Arbeiten geworden
ist. Aller Unrat und zurückgelassene, meist defekte Ausrüstung oder
zerrissene Decken und Uniformen usw., das alles mit Ungeziefer
behaftet ist, wird im Kehlgraben zusammengetragen und dort gleich
verbrannt. Mit
den Betonarbeiten sind (wir) nahezu
fertig, und alle Schäden auf den Werksdecken sind ausgebessert.
Speziell die Decke der Kehlkaserne wurde nahezu zur Hälfte erneuert
und ist an diesen Stellen stärker (3 m gegen früher nur 2,5 m) als
zu Kriegsbeginn im Mai. Noch auszubetonieren ist der
Riesensprengtrichter an der Frontmauer am rechten Werksflügel der
Kehlkaserne, der noch viel Arbeit erfordern wird. Heute
(ist) Ing.-Hauptmann
Schneider zur Inspizierung im Werk. Auf meine dringliche Vorstellung
um Zuteilung von Sprengstoff, um die angefangene Stollenarbeit
fortsetzen zu können, wird mir dieser fest versprochen – allerdings
bis dieser greifbar ist. Aber einen Termin dafür konnte mir
Ing.-Hauptmann Schneider nicht zusagen. Heute
gegen 3 Uhr nachmittags erhielten die zwei alten 12 cm M 80
Uchatiuskanonen (Halbbatterie) vom Artilleriegruppenkommando den
Befehl, die für uns so lästige 14,9 cm Batterie auf Toraro unter
Beschuß zu nehmen. Die Halbbatterie hatte kaum zehn bis zwölf Schuß
aus den Rohren gebracht, als ein Höllenfeuer auf deren
Batteriestellung niederging. Sogar unser alter Freund, die 28 cm
Batterie am Venapaß wie die 14,9 cm Batterie auf Toraro deckten
eine halbe Stunde lang die alten Kartaunen derartig mit Schrapnells
und Sprenggranaten ein, daß diese sofort ihr Feuer einstellen mußten.
Wir beobachteten den ganzen Vorgang aus unseren Panzerständen und
glaubten fest daran, daß die letzte Stunde der Batterie gekommen sei
und die beiden alten Veteranen zu Kleinholz zusammengeschlagen worden
sind. Speziell die 14,9 cm Langrohrbatterie ließ auf die
Batteriestellung ein Schnellfeuer niederprasseln, daß unser Staunen
ob der Leistung der italienischen Kanoniere alle Ehre machte. So plötzlich,
wie der Feuerüberfall einsetzte, so plötzlich war er
nach kaum
einer halben Am
Abend kommt unser lieber Kamerad und Batteriekommandant Oberleutnant
Hanbauer zu uns auf Besuch, als wenn vor einigen Stunden in seiner
Batterie nichts los gewesen wäre. Wir alle glaubten, ihn nicht mehr
unter den Lebenden zu wissen, und unsere Freude war um so größer,
als er, als wenn nichts geschehen wäre, gemütlich bei uns
auftauchte. Oberleutnant Hanbauer erzählte uns aufmerksamen Zuhörern,
daß trotz des infernalischen Feuerüberfalles beide Geschütze und (die)
Munition heil geblieben sind
und die Batterie nur drei Leichtverwundete zu beklagen hatte. Infolge
der äußerst guten Sichtverhältnisse am Nachmittag, welche die 14,9
cm Batterie auf Toraro gut erkennen ließen, glaubte das
Artilleriegruppenkommando Major Wodicka, diesen Umstand benützen zu können,
um die Batterie durch einen Feuerüberfall erledigen zu können. Ein
neuerlicher Versuch wird jedenfalls vorläufig nicht wiederholt
werden. Das Fazit ist, daß die Batterie heute nacht Stellungswechsel
beziehen muß und in den Abschnitt „Sommo“ übersiedelt. Meiner
Meinung nach wäre es besser gewesen, das eine oder andere Panzerwerk
auf Folgaria mit dieser Aufgabe zu betrauen, da die 14,9 cm Batterie
auf Toraro im vollen Wirkungsbereich aller 10 cm Turmhaubitzen liegt.
Ein italienisches Vergeltungsfeuer konnte dabei kaum einen Schaden an
den unter Drehpanzern aufgestellten 10 cm Turmhaubitzen anrichten, da
deren Panzerung bisher noch immer jedem Feindbeschuß widerstanden
hatte. Angeblich wollte man unsere 10 cm Haubitzmunition sparen, da für
die 12 cm M 80-Kanonen größere Bestände zur Verfügung stehen. Mit
der Erneuerung der Fronthindernisse werden (wir)
heute
Nacht, wenn uns kein Feindbeschuß einen Strich durch die
Rechnung macht, fertig werden. Auch die Ausräumungsarbeiten im
Frontgraben werden in drei bis vier Tagen beendet sein, was uns ein
zusätzliches Sicherheitsgefühl einbringen wird. Die
Generalreinigung im Werk ist ebenfalls abgeschlossen und bedeutet eine
Wohltat für meine ganze Werksbesatzung. Alles ist sauber gefegt, von
Zementstaub und allem sonstigen Unrat befreit, und im Werksinneren ist
kaum etwas (davon) zu
erkennen, daß wir einige tausend 28 cm (Granaten) abbekommen
haben. Die sichtbaren Unterflanschen der Trägerdecken lasse (ich)
mit Mennige und die Aufenthaltsräume der Besatzung in den Kasematten
alle neu mit Kalk streichen. Die
neue Lüftungsanlage erfüllt alle unsere gehofften Erwartungen, und
es ist nun auch nach dem Abzug der 100 Landsturmarbeiter wieder mehr
Platz, und die Poternen (sind)
nicht mehr von den müden Arbeitern besiedelt. Die
Stimmung meiner Werksbesatzung ist einmalig gut, und (wir)
haben derzeit nur „einen“ Kranken im Werkslazarett. Die
Werkszufahrt ist soweit ausgebessert, daß diese bis zum
Trainabstellplatz ungehindert auch für Lastautos befahrbar ist und
genügend Platz zum Reversieren bietet.
Resümee für September 1915 Feindbeschuß im September 1915 Im
September 1915 wurden auf das Werk „Sebastiano“ an Feindschüssen
abgegeben:
Ca. 695
Schuß Kaliber 28 cm und
Ca. 1.000 Schuß Kaliber 14,9 cm. Über
das Störfeuer der 7 cm-Gebirgsbatterie sind keine Aufzeichnungen
vorhanden. Eigener
Munitionsverbrauch: 984 Schuß 10 cm Haubitzmunition. Verluste der Werksbesatzung im September 1915
Gefallene
6; davon 4 Mann Landsturmarbeiter;
Verwundete 14;
davon 8 Mann Landsturmarbeiter.
|