Kavernen unterhalb des Werkes Romagnano 


Ulrich Mößlang der Tauchbrillenspezialist

Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen und Dolomiten 

 

Uli Mößlang / Volker Jeschkeit

Heute habe ich wegen Zeitmangel nur eine kurze Vorbegehung des Hanges gemacht, der sich vor der Frontseite des Werkes erstreckt. Die Besichtigung des Werkes selbst ist um eine Woche verschoben, Signora Margherita ist krank.

Auf diesem besagten Hang befinden sich auch die Reste der alten Batterie Doss Brun und natürlich auch feldmäßige Befestigungen. Die bei einer "Schnelltour" aufgefundenen Kavernen der Infanterie sprechen für sich:

50m tief, untereinander verbunden mit einem Quertunnel im rückwärtigen

Bereich: Also genau so, wie es GM Steinhart in seiner Instruktion anordnet. Geradezu bestechend ist die Bauqualität dieser Kavernen, wasserdicht bis heute, ein ca 30cm starkes Betonhemd (Nicht armiert!

Reiner Stampfbeton mit Ceresitzusatz). Eine Armierung des Betons war nicht notwendig, die Felsüberdeckung der Kavernen ist ca 20m stark. Die ganze Anlage vermittelt den Eindruck: Gestern fertig gestellt, heute eingeweiht und an die Truppe übergeben. Unglaublich, was im Bereich Romagnano für ein Bauaufwand betrieben wurde.

Gruss VJ

Die erste Einzelkaverne (unscharfes Foto) dient heute als Pumpstation zur Bewässerung der Weinfelder, ihr hinterer Teil ist eine Zisterne, das geht, da der Beton wasserdicht ist (Ceresitzusatz!).

Danach die Bilder der miteinander verbundenen Kavernen, eine Kaverne ist verputzt, die andere nicht. In dieser befindet sich das Betonadditiv direkt in der Betonmischung. Die "weisse" Kaverne hat einen Original- Ceresitverputz von ca. 15-20mm Stärke. Der Verbindungstunnel ist "roh".

Gleich oberhalb der beiden Kavernen beginnt ein breiter Schützengraben, der sich einstmals um den gesamten Hang erstreckte. Der untere Teil des Hanges ist leider durch die extensive Landwirtschaft (Weinfelder) historisch gesehen sehr geschädigt. Es ist aber nicht der einzige Schützengraben, oberhalb zum Werk hin verläuft parallel ein 2.Graben, so jedenfalls erklärte mir das ein Landarbeiter, den ich traf. Leider hatte ich verdammt wenig Zeit.

Die ganzen feldmäßigen Befestigungen sind typisch für die Festung Trient, hervorzuheben ist allerdings der perfekte Zustand, die hervorragende und moderne Bauqualität und vor allem: Die Vielzahl der Anlagen, die sich auf einem verhältnismäßig kleinen und begrenzten Unterabschnitt befinden. Das gilt sowohl für die Anlagen der Artillerie als auch für die der Infanterie.

Man kann ohne weiteres aus heutiger Sicht eine neue Befestigungsperiode

hinzufügen:

1868-1873 ca. die 1.Befestigungsperiode der FS Trient

1878-1883 ca. die 2.Befestigungsperiode (Trientiner Stil) 1883-1900 ca. die Periode der "Gebirgsfort"

1907-1914 ca. die Periode der gepanzerten Werke (Hochfläche z.B.) Und ich definiere:

(1910: Bondone und Pale) sicher aber 1914 bis Ende 1915: Die Zeit der Entwicklung der modernen unterirdischen Befestigungen.

Ich bin inzwischen davon überzeugt, das ein großer Teil der hier beim Bau der FS Trient gemachten Erfahrungen direkt beim Ausbau der Stellungen der Gebirgsfront einfloss. Das Genie von Trient sammelte in kürzester Zeit enorme Erfahrungen bei der Anwendung neuer Befestigungstechnologien und industrialisierte die Baumethoden, machte sie effizient und in kurzer Zeit ausführbar. Es wurde in nur einem Jahr viel experimentiert (Beton, Stahlbeton, neue hochfeste Betonrezepte usw..) Die Kavernenanlagen und Befestigungen von Romagnano sind die hohe Zeit und das bestechende Ergebnis dieser neuen Befestigungstechnik. Es war die einzige Möglichkeit, den bereits verlorenen Wettlauf mit der Potenz der modernen Artillerie wieder zu gewinnen. An diesen Anlagen verpuffte die Feuerkraft auch der schwersten damaligen Artillerie völlig wirkungslos. Diese unterirdischen Befestigungsanlagen waren den Betonhochbauten auf der Hochfläche weit überlegen, allein schon deswegen, da man sie nicht erkennen konnte! Hier entstand mit wirklich enormen verfügbaren Ressourcen nach meiner Meinung die modernste Festung, die je im WK I gebaut wurde. Völlig unterschätzt bis heute, nie erforscht und nie wurde über die Konsequenzen nachgedacht, die die Entwicklung dieser Technologie während des Krieges zum Vorteil der Verteidiger hatte. Natürlich konnte die einmalige Perfektion dieser Anlagen an der Front nicht wiederholt werden, dazu fehlte die Zeit und man musste unter direkter Feindeinwirkung bauen. Umso wichtiger daher die Industrialisierung und Entwicklung der Baumethoden: Das beginnt bei der Schalung des Beton, den Zusatz zur Wasserdichtheit, moderne Betonrezepte und Mischungsverhältnisse, anstatt schwere Stahlträger auf den Gipfel zu schleppen reichte der einfache Rundstahl, konnte von den Soldaten vor Ort gebogen, geschnitten und leicht verlegt werden, Mattenarmierung in der Zugzone der Betondecke, richtig bemessen (siehe Kasematte von Romagnano) war man selbst sicher gegen die 149G Haubitze der Italiener und auch gegen Minenwerfer aller Art. Mit 30,5cm Marinegeschützen und anderen "Blunzenwerfern" schießt man normaler weise nicht auf kleine Kasematten oder Einzelstellungen, dafür war deren Präzision auch viel zu gering. Hingegen in den Kavernen von Romagnano spielten die Infanteristen ruhig ihr Kartenspiel weiter, auch bei einem Volltreffer, vielleicht viel etwas Staub auf den Kartentisch, das war es dann auch schon.

Der Bereich Romagnano ist wirklich faszinierend für einen Feldforscher, die Fotos sprechen für sich.

Nur eine Frage lässt sich auch bis heute mit letzter Sicherheit nicht

beantworten: Wie groß und mächtig war eigentlich die Festung Trient?

Ich meine, es wird Zeit, das jemand einmal die Kartons der neuen Feldakten im KA begutachtet und auswertet, da warten vermutlich wirklich große Überraschungen auf die Fachleute.

Steinhart hatte "seine" Festung hier voll "im Griff", verfügte über hervorragende Fachleute aus der zivilen Bauindustrie, eindeutig über gute Genieoffiziere und genug spezialisierte Arbeitskräfte.

Ohne diese drei verschiedenen Gruppen von Fachleuten kann man eine solche Festung schlichtweg nicht bauen!

VJ

 

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