Die Fernkampfwerke und Festungen
der österreich-ungarischen Monarchie
1914-1948

Informationen und Hintergründe zu den Kampfhandlungen im Alpenkrieg.

Ulrich Mößlang der Tauchbrillenspezialist

Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte, Festungen und Stellungen der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen und Dolomiten 

 

An der Grenze zu Italien errichtete vor 1914 Österreich eine Kette von hochmodernen Festungswerken. Bei Kriegsausbruch waren leider noch nicht alle Bauvorhaben abgeschlossen und wurden während des Krieges aus- und fertig gebaut oder verworfen. Die Werke sollten das Eindringen der italienischen Armee nach Österreich verhindern.

Die stärksten und modernsten Festungswerke (Fernkampfwerke) wurden auf der Hochfläche der sieben Gemeinden errichtet. Die Werke Lusern und Verle waren als furchterregende Kampfmaschinen ausgebaut und hatten zentrale Bedeutung. Die 10cm Turmhaubitzen mit einer Reichweite von 10 Kilometern galten als die modernsten seiner Zeit.

Die militärische Bedeutung der Werke kann man nur verstehen, wenn man sich vor Augen führt, dass es zur Bauzeit noch keine Kampfflugzeuge gab und auch während des Krieges kamen nur vereinzelt Flugzeuge zum Einsatz. Eines der wenigen italienischen Fluggeräte wurde bei einem Spionageflug bei Luserna abgeschossen. So wurde die Hauptfront an den strategisch günstigsten Flächen festgelegt. Die Schlachtfelder waren somit gegen Italien, bereits in Friedenszeiten festgelegt. Natürlich gab es in Tirol auch noch andere Festungswerke. Die Ältesten, Nauders und Gomagoi sperrten die Strassen über das Reschendreieck - Stilfserjoch und Franzensfeste, die die Brennerstraße bewachte. Sie stammten noch aus den Jahren 1835 und 1846, die Schießscharten zeigten nicht nur nach Süden, sondern auch nach Norden!

3/5 der italienischen Armee standen ständig am Isonzo, wo auch der erste zögerlich Angriff der Italiener mit 80.000 Verlusten erfolgte und auf den sieben Gemeinden. 2/5 verteilten sich auf die 3500 Kilometer lange vorderste Kampflinie der Alpenfront. Alle Versuche der italienischen Armee, nach Österreich einzudringen scheiterten am heldenmütigem Widerstand der K&K Werksbesatzungen. Bis nach Garmisch konnte man bei Südwind den Kampflärm und den Geschützdonner hören. Die Hochfläche versank wochenlang im aufgewirbeltem Staub der Einschläge und in Explosions- und Kampfgasen.

In der ersten Julihälfte macht sich der eigene 30.5 cm Scoda-Mörser dadurch bemerkbar, dass die schwere italienische Artillerie teilweise total zum schweigen kommt. Ob durch bedingten Stellungswechsel oder durch zurücknehmen hinter die Front ist nicht verbürgt. Jedenfalls konnten dadurch die eigenen Ausbesserungsarbeiten an den Anbringungen von Regenschutzdecken und die Ausbetonierung von Ringgalerien ziemlich ungehindert vonstatten gehen. Es fand sich sogar Zeit die Wohnkasematten auszuweißeln. Nur das  Feuer der italienischen Kleinkaliber wirkte etwas störend, so dass der Zuschub an Baumaterial in die Nachtstunden verlegt wurde. Beim Werk Lusern wurde desshalb eine lange Poterne angelegt, die heute noch teilweise unter größter Vorsicht begangen werden kann. Sie erweitert sich in bestimmten Abständen zu Unterständen, für den Fall mehrerer Durchschlägen und einer Teilevakuierung. Ferner erwies es sich notwenig einen geraden ca. 60 cm breiten Durchgang durch den Kehldrahtverhau zu schaffen. Er wurde an einer sehr schwer für den Gegner einsehbaren Stätte angelegt. Es wurden entlang dieses Weges in Abständen von 25m bis 30m splittersichere Deckungen für einigen Mann angelegt. Dieser Durchgang war immer auf ein MG oder auf zwei Gewehrschießscharten ausgerichtet um ihn im schlimmsten Fall wirkungsvoll verteidigen zu können. Bereitgestellte spanische Reiter, teilweise an Seilzügen  sorgten zusätzlich für eine Sperrung des Durchgangs. Es erwies sich auch als unumgänglich, mehrere bequeme, schnell erreichbare Deckaufgänge zu errichten. Die waren nötig um die mit der Deckausbesserung beschäftigten Mannschaften nach Ankündigung eines feindlichen Beschusses den Weg von der Arbeitsstelle in sichere Deckung zu nehmen.
Für Lusern galt eine Zeit von 60 Sekunden für einen Schuss Kaliber 28cm von Punta Corbin, bei einem Kaliber von 15cm vom Monte Verena aus standen nur ca. 20 Sekunden zur Verfügung um in Sicherheit zu huschen.
Auch der Straßenbau in der Kriegszeit hatte unter der der Beschießung zu leiden. So sollte in Zukunft schon in den Friedenszeiten der Bau von Versorgungswegen in beschusssicherem Gelände vorangetrieben werden.

Die oft durch das geländebedingte flache Kehlgelände gefährdete Kehlseite wurde durch Stein und Geröllaufschüttung bei Erhaltung der vollständigen Kehlbestreichung und eines freien  Ganges entlang des Untergeschosses gestaltet.
Eine nachträglich angeordnete Erhöhung der Menage von 45 auf 90 Tagen für die Werke, bereitete enorme Schwierigkeiten, da die Räumlichkeiten fehlten. Nur in den Werken die durch zusätzlichen Poternen und Kavernenbau, Freiräume aufwiesen hatten keine Probleme. Über eine wesentliche Erhöhung  der sowieso großzügigen Munitionslagerung ist mir nichts bekannt.

Aus der Beschießung mit schwerem Kaliber ergaben sich folgenden Folgerungen.
Nachdem ein Treffer die Betonauflage auf der Kalotte zu einem Turmhaubitzenaufgang und drückte sie 6 cm auf einer Länge von 30 cm durch. Der Einschlag wurde in der kommenden Nacht ausgebessert und der Aufgang zur Turmhaubitze auf 90 cm verengt. Die Maßnahme der Verschmälerung der Gänge und die Unterwölbungen wurden durch diese Erfahrung bei allen Werken durchgeführt.

Die am Anfang der Kriegshandlungen angelegten Drahthindernisse erwiesen sich in der nähersten Reihe zu dicht am Werk. Sie wurden bei der Bombardierung des Werks immer sehr stark im Mitleidenschaft gezogen. Hindernistore wurden durch die Splitter verzogen und ließen sich nicht mehr öffnen, so wurden sie durch Draht-Tore ersetzt, die sich bewährten. So wurde ein innerer Freiraum geschaffen und eine entferntere Drahtsicherung aufgebaut die dem feindlichen Feuer nicht so stark ausgesetzt ist und demzufolge fast keine Ausbesserungsarbeiten notwendig waren.

Bei den Telefonleitungen waren die frei verlegten oder aufgehängten Leitungen den Festverlegten  weit überlegen.

Elastische Polster auf den Verdeck der Werke zur Verminderung der Eindringtiefe der Geschosse haben sich so bewährt, dass sie für andere Werke übernommen wurden. Sie bestanden aus einer Lage von ca. 20cm dicken Baumstämmen dicht an dicht und quer dazu die gleiche Lage. Darüber wurden die starken Zweige der Bäume gelegt und mit Sandsäcken abgedeckt.

Die Ventilationskanäle in den Werken stellten sich als zu klein und zu leistungsschwache heraus. Oft wurden auch die Sprenggase der Kehlseite angesaugt und in den Räumen verteilt. Schotten in den Gängen und Poternen hätten die Verteilung der Pulvergase verhindert oder zumindest eingeschränkt.  Auch bei einem Turmtreffer könnten sich die giftigen Sprenggase nicht in den Batteriegang dringen.

Zur schnellen Ausbesserung der Schäden an den Festungen mussten Unmengen an Material bereitliegen. Säcke, teils mit Schotter oder Sand gefüllt, Rundeisen, Eisenbahnschienen Eisenträgern, Wellblech, Brettern, Dachpappe. Holz in verschiedenen Formen und Hindernismaterial zum sofortige Wiederherstellen der Hindernisse im Vorfeld. Schläuche und Rohre für die zerstörten Wasserleitungen.
Für die Verfüllung eines Deckentreffers von 2 m Tiefe wurden neben Reisigbündeln ca. 650 Sandsäcke benötigt die teilweise mit Zementwasser verfestigt wurden. Auf dem Posten Vezzena ist bei einem meiner Fotos so ein in der eile verfestigter Sandsack zu erkennen.

1916 versuchte nun Österreich  mit einer großen Offensive über Asiago vorzudringen. Leider ohne größerem Erfolg. Immerhin wurde die neue österreichische Frontlinie nach Süden, Osten und westen vorgeschoben. So wurden auch die südlichen Randberge der sieben Gemeinden zur neuen Hauptfront.

Die Namen und Wegmarken von bisher friedlichen Bergen wurden zu Synonymen für massenhaftes grausames Sterben und Leid. Durch die damalige mangelhafte Wundversorgung genügte oft schon eine harmlose Schramme für eine Amputation oder sogar den Tod. Die Zahl der erfrorenen oder durch Lawinen verschütteten Soldaten überstieg die, der in den Kampfhandlungen gefallenen Soldaten.

Während des Krieges verhinderte auf beiden Seiten die Militärzensur die Bekanntgabe der  tatsächlichen Verluste. Einerseits hätte der Feind daraus auf die Kampfkraft schließen können, anderseits hätte dies in der Heimat zu großen
Problemen, wie in Russland, führen können.

An der italienischen Front wurden auf beiden Seiten die Toten nur für einen bestimmten Abschnitt der Front vermerkt. Für die gesamte Hochfläche gab es keine Zusammenfassung. 
Heinz von Lichem addierte mal die Zahlen und kam auf eine Zahl von 200.000 toten Italienern und mindestens 200.000 bis 300.000 toten Österreichern an den gesamten Fronten zwischen Brenta und Etsch. Also an jener Front, welche die österreichisch-ungarischen Militärs als die "Front auf den sieben Gemeinden" bezeichneten.
Heute steht längst fest, dass Italiens Verluste wenigstens 600.000 Soldaten betrug. Der Großteil der Toten wurde in der Luft zerrissen, pulverisiert, oder als undefinierbare Masse in Erde, Gestein und Schnee gepresst. Nur für ca. 100.000 Toten gab es Gräber.

Es besteht auch die Vermutung für das vorgezogene Tiroler Kriegsende:
Dadurch kamen die österreichische Truppen in italienische Gefangenschaft und mussten von ihnen Versorgt werden. Die Heimat war ausgeblutet und hätte die Truppen nicht aufnehmen und versorgen können.

Anteil der kämpfenden Nationen in der k & k Armee 1914 -1918


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