Col di Lana

der Blutberg

Ulrich Mößlang Optik Heydenreich der  Tauchbrillenspezialist  und  zertifizierter Sport-Optiker  
 
Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte, Stellungen und Festungen der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen, Dolomiten, Verona, Venezien und Friaul.  Denkmäler in München, Bayern und dem Rest der Welt.

Fotos und Text Wendl Pircher

Col di Lana  

Seit die Kompagnie am Col di Lana Gipfel die Bohrarbeiten der Italiener bemerkt und ihnen am 5. April durch Gegensprenung einen Stollen zerstört hatte, standen Tag für Tag sowohl Spitzen- als auch Hangstellung unter schwerster Arilleriewirkung, die manchmal die Heftigkeit eines Trommelfeueres erreichte. Jede Nacht wurde mit dem Aufgebote aller Mannschaft und der verfügbaren Sappeure die Stellungen wieder ausgebessert, Hinderniselemente gelegt und die Telephonleitungen geflickt, mit fieberhafter Arbeit. In der Spitzenstellung trieb man fünf Minenbrunnen in die Tiefe, von denen zwei wieder aufgelassen werden mussten, da sie auf Massengräbern stießen, und die Sappeure vor Verwesungsdünsten nicht mehr weiterbohren konnten. Dabei stellte der sofort einsetzende Horchdienst fest, das die Welschen bereits unter den eigenen Gräben war.

Durch 21er Volltreffer wurden mehrere der Baracken am Nordhange zerstört, auf die noch nie ein Schuß gefallen war, seit wir sie bezogen hatten.

Meist blieb am Abend von der Stellung nur noch mehr so viel übrig, daß die Posten hinter armseligen Erdklumpen hocken konnten. In der Nacht wurde wieder gebaut, am nächsten Tage das gleiche. Alles fieberte aufs äußerste gespannt, die Entscheidung mußte kommen.

In der Nacht von 16. auf den 17. gelang es noch Oberleutnant von T., (Tschurtschtahler) die vollständig erschöpfte 5. Kompagnie (Kaiserjäger) abzulösen. Aber schon nach 7 Uhr früh begann die furchtbare Beschießung unserer Stellungen von neuem und  bis abends 8 Uhr war eine Verständigung mit der Spitzenbesatzung unmöglich. Da kam von Oberleutnant von T. Einen schriftliche Meldung: 
Vollständige Zertrümmerung der Kampfgräben und Zugangswege, Zerstörung fast sämtlicher Unterkünfte, Verluste...._

Das Telephon wurde wieder hergestellt.

Inzwischen hatte meine Kompangnie abends die Rothschanzenbesatzung abgelöst und wir arbeiteten an der Ausbesserung unserer Gräben, die allerdings viel schwächer beschossen wurden waren als die Spitze.

Nach 11 Uhr abends (Das Artilleriefeuer blieb seit 9 Uhr verstummt) kam aus der oberen Sappe die Meldung, die Italiener wären aus der gegenüberliegenden Stellung vorgegangen, hätten sich jedoch auf das heftige Feuer unserer Feldwachen zurückgezogen. Der andere Zugskommandant, der mit mir im Dienste war, wollte nun eine Leuchtpistole abschießen, die Landung ging aber schon beim Zuklappen los, knapp vorbei am Kopfe des Oberleutnants W., der geblendet rückwärts taumelte; sie fiel in eine Muntitionsnische voll Patronen, Handgranaten und leeren Sandsäcken, die gleich Feuer fingen. Geistesgegenwärtig riß sie aber ein Oberjäger heraus und verhinderte dadurch eine Explosion.

Ich drehte mich wieder um und schaute zur Spitze hinauf. Kann es zuerst nicht glauben, ja wirklich: der Berg spaltet sich! Drei riesige Stichflammen! Jetzt ist´s eine enorme schwarze Rauchwolke, vielmals größer als der ganze Berg, gefolgt von einer fürchterlichen Detonation sausen schon die ersten Felsen herunter, zum Teil hoch über uns, und im gleichen Augenblick ist der ganze Raum Taghell von den mit gewaltigem Salven  eröffneten Trommelfeuer. –

Ein Höllenlärm, kein Schuß mehr zu unterscheiden – alle feindlichen Hänge bis zu den Entferntesten leuchten von den Mündungsblitzen ausfeuernder Geschütze. Nun hat sich auch die eigene Artillerie eingesetzt – ich sah nur die Explosion in der oberen „Welschenstellung“  - aber viel, viel schwächer.

Von einem Posten kriech ich zum anderen (die alle Heldenhaft ausharrten) schreie ihnen aufmunternder Worte zu, schleife Munition herbei und bleibe dann selbst erschöpft bei einem Jäger liegen, mit ihm die Beobachtung wechselnd. Oft bin ich geblendet von knapp einschlagenden Granaten, dann haut es mich wieder  in das Loch auf den Jäger. Dazu schießen die Feinde aus der gegenüberliegenden Stellung  wie wild, rasen mit der Maschine den Hang ab; zu hoch; Wurfminen, Lufttorpedos, ein Höllentanz!

Dann weiter zum nächsten Posten, da liegt der nächste Tot, Schädel zerschmettert, Graben eingeebnet, dahinter ein Zugsführer, der schreit mit zu: „Herr Fähnrich, heut ist alles aus.“ Doch das Infanteriegeschütz ist intakt, die Maschine auch, Gott sei Dank!

Beim vorgeschobenen Posten ein Trümmerhaufen, nur Fetzen der Hindernisse, Sprengstücke, Eisenstäbe…..statt des Grabens.

Zurück zum Stand, wo ich zuletzt meinen Kameraden sah. Da knien noch zwei; ich rufe: „Servus Duchen!“ und ein anderer antwortet:“ Der Herr Kadett ist nicht da, der Herr Kadett ist tot!“

Endlich ließ das Feuer etwas nach und ich hörte die unglaubliche Meldung: „ Kadett R. ist mit dem Reservezug hier eingetroffen und mit seinen Leuten in der Kaverne“ Bei dem Sperrfeuer eine bewundernswerte, ans Unmögliche grenzende Leistung; er hatte zwar über eine Stunde  durch den Laufgraben gebraucht, aber alle Leute hergebracht.

 

Um 1 Uhr beobachtete ich wieder eine Sprengung, aber viel kleiner, am rechten Flügel der Spitzenstellung, und im gleichen Augenblick steigerte sich das Feuer zur äußersten Wut.

Das Schicksal des Vorgeschobenen Postens, für uns alle von größter Wichtigkeit, lässt mir keine Ruhe;

Ich komme glücklich hinaus, und der wackere Kerl lebt noch, hat keine ernstere Verletzung. Gegen 7 Uhr früh lässt das Feuer nach, ich gehe nun wieder hinaus. Da haben die endlich abgelösten Posten schon wieder angefangen die Gräben auszubessern. Die prächtigen Burschen!

Wir wussten nun aber noch immer nicht, was mit der Spitze los war. Seit  Beginn des Trommelfeuers waren alle Telephonverbindungen so gründlich zerschossen, dass sie überhaupt neu angelegt werden mussten, daher keine Nachricht von rückwärts.

 

Eine Patrouille, die im Morgengrauen versucht hatte gegen die Spitze vorzudringen, wurde im ungedeckten Gelände durch starkes Feuer gezwungen, umzukehren. – So machte ich mich gegen 2 Uhr nachmittags selbst auf. Es gelang mir auch unbemerkt von den etwa 200 Schritt entfernten Italienern den freien Raum zu überschreiten. Dann kroch ich weiter und traf bei der Einmündung des Gradweges in die Sappe einen toten Jäger, während die  dortige Wache selbst verlassen stand. Von hier aus konnte ich etwa auf 80 Schritt Luftlinie feststellen, dass der Gipfel im Besitze der Italiener, mit Sandsäcken und Schutzschilden bereits sehr stark ausgebaut sei, daher die einzige Annährungsmöglichkeit – den steilen und schmalen Raum zu beiden Seiten der Sappe – vollkommen beherrschte. Auch sah ich einige ihrer Posten mit großen Kapuzen;

Zwei von ihnen befanden sich  im gleichen Graben mit mir.

Auf das hin ging´s wieder am Bauch zur 8er Wache zurück, deren Sicherung gegen die Spitze ich anordnete und mit ganz besonderem Glücke kam ich auch in die Sappe und zur Kompagnie, der ich Meldung erstattete.

Abends steigerte sich das italienische Artilleriefeuer vorübergehend zu großer Heftigkeit. Nach 10 Uhr gab unsere Artillerie ein 15 Minuten langes, maßiges Feuer auf die Spitze ab, worauf einige Züge versuchten, diese im Sturme zu nehmen. Die Verhältnisse für uns waren die denkbar ungünstigsten.

Zum Gipfel führt nur ein schmaler Felsgrat, dieser wurde verteidigt durch ein im Tunnel stehendes Maschinengewehr, der Feind durch unsere Artilleriefeuer aufmerksam gemacht, fiel mit der ganzen Wucht seiner schweren Artillerie die kleine Heldenschar an. Nur wenige gelang es unter Führung des Tollkühnen Fähnrihs Sch. Bis zum Tunnel vorzudringen. Hier wurden die Erschöpften mit Handgranaten zurückgeworfen.                                                                                     Fähnrich F.M.

                                                                                    (Aus d. Österr. Illustr. Rundschau, Sept.1918)  


größer?


Tiefverschneiter Bach oberhalb von Corte, auf dem Weg zum Col di Rode.


Almgelände unterhalb des Sett Sass, 
der ehemalige rückwärtige Raum der Col di Lana Stellung der Österreicher


Blick zum Monte Sief, ein zum Bollwerk ausgebauter Gipfel, der allen Italienischen Anstürmen standhielt


Anstieg zum Siefsattel im Schneereichen Winter 2004


5Blick vom Siefsattel zum Valparolapass, links Settsass, mitte das Lagazouimassiv, rechts die Schulter des Hexenstein (Sass Stria). 
In der Bildmitte ist das Werk Tra i Sassi zu erkennen.


Ein erster Blick zum Gipfel des Col di Lana (Nordseite)


Blick zum Siefgipfel, Nordhang, ein beliebter Berg für Tourenskifahrer.


Gipfel des Col di Lana mit dem Verbindungsgrad zum Siefgipfel.


Der Grad zwischen den Gipfeln des Col di Lana und des Monte Sief.

 

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