Die feldmäßige Befestigung der Batterie Candriai-1915

Ulrich Mößlang Optik Heydenreich der  Tauchbrillenspezialist  und  zertifizierter Sport-Optiker  
    
Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte, Stellungen und Festungen der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen, Dolomiten, Verona, Venezien und Friaul.  Denkmäler in München, Bayern und dem Rest der Welt.

Vielen Dank an Volker Jeschkeit für seine Unterstützung 

 

 

 

Die unterirdischen  Infanterie- und Artilleriestellungen 

 

Unterhalb der alten Batterie Candriai befindet sich die wohl weitläufigste unterirdische Verteidigungsanlage, die im Jahre 1915 vom Genie von Trient angelegt wurde.

Sie wurde in 2 Stockwerken unterirdisch in den Fels gegraben und besitzt einen leider verschütteten Galerieausgang zu den teilweise oberirdischen Anlagen des 3.Stockwerkes.

Ihre Hauptkampfrichtung ist das Valle dei Laghi ,
gegenüber Sopramonte /Cadine.

Die Stellungen sind in einem Felssteilhang gegraben und wurden innen in Stahlbetongewölben und auf der Frontseite in starkem Stahlbeton errichtet, der zudem von außen durch Natursteinverkleidung perfekt getarnt wurde.

Der Hauptkampfgraben der Infanterie, der vom Monte Bondone durchgehend über Mandolin absteigt, führt knapp unterhalb des alten Kampfgrabens der Batterie Candriai in einen Galerieeingang, durchläuft auf mehreren Ebenen den Felssteilhang mit seinen Verteidigungsstellungen unter der alten Batterie um an seinem  rückwärtigem Galerieausgang in den weiterlaufenden Kampfgraben zu führen, der wiederum lückenlos zu den Stellungen des unterhalb gelegenen Artilleriestützpunktes Castellar della Grua weiterlief.

 

Die unterirdischen Stellungen sind ca.200m lang mit vielen Gewehr- und MG-Scharten, sowie Stellungen für kleine Geschütze. Sie verlaufen unterirdisch auf 2 Ebenen und überschneiden sich im Bereich der gepanzerten Frontlinie.
Unterirdisch sind zudem Mannschaftskavernen sowie Munitionslager angelegt. Eine (verschüttete) Galerie führte zudem von Ebene 2 auf die oberirdische Ebene 1,die aus einem betonierten zusätzlichem Kampfgraben mit MG-Stellung bestand.
Die unterirdischen Stellungen und Gewölbe wurden ausnahmslos in der uns heute bekannten Stahlbetontechnik ausgeführt.

Das heißt: 
Von Hand gebundene Stahlmatten mit Maschenweiten von 10x10cm bis 30x30cm und Rundstahlarmierung von 10mm bis 22mm wurden in die Schalung eingelegt und mit feinkörnigem Beton vergossen. Die Deckenstärke war in der Regel ca. 30 cm, die zudem aber durch mindestens 5-10m naturgewachsenem Fels in der obersten Ebene 2 überdeckt waren.

Die Frontpanzerungen der kleinen Kasematten und Gewehr- sowie MG-Stellungen war in der Stahlbetonstärke bis zu 40cm,hier war die Maschenweite durchweg im Bereich 10x10cm. Zusätzlich waren diese Schussöffnungen und Schießscharten von außen durch massiven Naturstein, der in der Betonschale eingelassen wurde, zusätzlich getarnt und gepanzert. 

In Bezug auf die Feldforschung zu den Befestigungsanlagen der Festung Trient der letzten Ausbaustufe zwischen 1914 und 1915 konnte somit erneut der Beweis erbracht werden, das dem Genie von Trient die bis heute gültige Stahlbetontechnik und seiner Armierung genauestens bekannt war und vom Genie auch regelmäßig angewandt wurde. 

Dank den Demolierungsarbeiten der Recuperanti der Nachkriegszeit, ist es heute möglich „in die Decken„ zu schauen.

Sie trugen teilweise nur eine Richtung der Rundstahlarmierung ab, teilweise beide Richtungen der Stahlmatte, hinterließen aber den Bindedraht der Knotenpunkte der Maschen und die Abdrücke der Rundeisen im Beton.

Zum Teil sind die Decken erhalten, die Recuperanti gaben auf, da die Rückgewinnung  der eingelegten Rundstähle enorm arbeitsaufwendig war. Sie machten lediglich Sondierungsdemolierungen, um die Stärke und damit das Gewicht des zu gewinnenden Rundstahles abschätzen zu können. 

Dadurch bin ich heute in der glücklichen Lage, die Anwendung der traditionellen Stahlbetontechnik durch das Genie von Trient auf das Jahr 1915 nachweisbar datieren zu können. 

Für die damalige Zeit war es die beste Lösung, beschusssicheren und „zähen“ Beton herzustellen, der bei Volltreffer nicht weit aufklaffte (sofern er nicht sofort durchschlagen wurde). Eine Bautechnik  die dann in der späteren Nachkriegszeit zu dem Bau von den Bunkeranlagen des WK II führte und  bis in die heutige militärische Befestigungstechnik reicht. 

Vom Genie von Trient wurde diese Technik standardmäßig ausgeführt, die unterirdischen Stellungen bei der alten Batterie Candriai sind kein isolierter Einzelfall.
Die gleiche Technik findet man bei den feldmäßigen Befestigungen auf dem Monte Soprasasso, Castellar delle Grua , im Bereich Celvet und Monte Celva, sowie Monte Calisio. 
Die Bautechnik dieser Anlagen war somit fortschrittlicher, als diejenige ,die für die oberirdischen Panzerwerke der letzten „Generation“ zwischen 1907 und 1914 allgemein angewandt wurde (Verstärkung des Stampfbetons durch Stahlträgerarmierung). 

Sie war auch kostengünstiger und schneller ausführbar. 

Verwendet wurde zum Guss ausnahmslos sehr feinkörniger Beton, fast nur eine reine Zementmischung, der zwischen der Armierung sich gut verteilte und sich nicht entmischte. Daraus resultiert auch die große Härte  und Druckfestigkeit der Betondecken und Frontpanzerungen der Anlagen. 

Generell lässt sich die folgende Aussage treffen: 
Trifft man im Bereich der Befestigungen um die Festung Trient Anlagen mit fein- oder feinstkörnigem Beton, so ist dieser sicherlich mit Stahlarmierung versehen.

Verkleidungen und Anlagen, die in der Betonmischung mit geschreddertem mehr oder weniger grobem Abraumgestein der Kavernenbohrungen angereichert wurden, sind ausnahmslos reiner Stampfbeton, nur mit eingelassenen Stahlträgern im Unterzug oder in der Front verstärkt, die aber von den Recuperanti ausnahmslos ausgebaut wurden.

 

Villamontagna-Trient, im August 2004 
Volker Jeschkeit   


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