Wrackbergung am Starnberger See

22.05.2003

Bergung der Segelyacht Caprice

Text Lino von Garzen und Uli Mößlang

 

Ulrich Mößlang der Tauchbrillenspezialist + zertifizierter Sport-Optiker

Im August 2002 versank die Caprice, nachdem sie von einem treibenden Boot gerammt wurde. Das andere Segelboot hatte sich vermutlich im starken Sturm von seiner Bojenkette losgerissen und trieb in nördlicher Richtung auf den Ort Leoni zu. Die an ihrem Bojenplatz liegende Caprice wurde knapp oberhalb der Wasserlinie gerammt. Es entstand ein Loch im Rumpf von ca. 40x 35 cm.
Die Caprice sank sehr schnell auf eine Tiefe von 18 m, und lag nun aufrecht auf dem ca. 30 Grad abfallenden, rutschigen Grund.

Im Auftrag des Eigentümers sollte das Boot nun geborgen werden.
Zur Bergung wurden folgende Schritte geplant:
1. Sicherung des Bootes mit einer Leine zum Land (gegen ein Abrutschen in größere Tiefen).
2. Bergung der Kleinteile (Mast, Segel etc...).
3. Anbringen der Hebesäcke und Bergung des Bootes.
4. Schleppen des Bootes zur Werft.
5. Reparatur des Lecks, auspumpen und verladen.

Dienstag der 20. Mai 2003, 15.00 Uhr.

Das Wetter zeigte sich nicht von der besten Seite für unsere Bergung. Große Wolkenformationen zogen mit sehr großer Geschwindigkeit von Westen kommend über den See. Die Sturmwarnlampen gingen an und das Polizeiboot sicherte den Bergeplatz.


Flaschenwechsel bei diesem Wetter im Trocki das Schönste. Auf dem Steg die frierenden und durchnässten Eigner des Segelbootes und die Sachverständigen der Versicherung. Rechts das Aluboot der Werft, zum Einsatz bereit. Links am Bildrand sind die Hebesäcke zu sehen. 

Nachdem Uli das Sicherungsseil am Heck des Bootes befestigt hatte und gleich das Großsegel mit nach oben brachte, das zusammengerollt im Boot lag, tauchte die erste Gruppe an der Sicherungsleine zum Wrack. Dort wurden die Gurte für die Hebesäcke angebracht. Bedingt durch die Jahreszeit und den starken Wind war der See extrem aufgewühlt und die Sicht war bis auf 25 Meter ziemlich eingeschränkt. Die Gurte mussten unter dem Rumpf, vor und hinter dem Kiel des Bootes durchgezogen werden. Sie wurden mit starken Tauen verknotet und miteinander verbunden, um dem großen Hebesack in der Mitte des Bootes guten Halt zu bieten. Gegen ein Verrutschen der Gurte zum Heck oder zum Bug und einem eventuellen Verlust des Bootes vorzubeugen, wurden die Gurte mit gekonnten Seilschlingen und teilweise abenteuerlichen Knoten gesichert.
Danach begann die zweite Gruppe die Kleinteile, wie Mast, etc... zu bergen.
Es wurden dann insgesamt 8 Hebesäcke ( 1 x  500 kg mittig und 7 x  65 kg) an den vorbereiteten Gurten und am Bug und Heck angebracht. Wir hatten den Abtrieb des Bootes auf ca. 250 kg geschätzt,  um es aber aus dem schlammigen Grund zu befreien, waren ca. 600 kg Auftrieb nötig.


Der Wind peitscht über den Starnberger See ( IXUS 400)


So lag das Boot auf seinen zwei Kielen, mit dem Bug nach unten.


Die Bergegurte sind schon verschnürt, das Segel aus dem offenen Heck schon geborgen.


Blick in die Kajüte


Wrack-Uli und Hubert überprüfen zum letzten mal die Befestigungen der Hebesäcke um
ein Scheitern der Aktion zu verhindern.


Langsam hebt sich das Wrack zur Oberfläche.


Fast ist die Oberfläche erreicht, schemenhaft sind die Taucher im trüben bewegten Wasser zu sehen.


Nur noch der Anker ist auf Grund. Er lag unter dem Boot und konnte erst jetzt geborgen werden.


Sicher schwebt das Boot zum Ufer in seichteres Wasser

Das Boot bewegte sich zügig, aber nicht zu schnell und sehr stabil zur Oberfläche.
Nachdem die Hebesäcke aus der Wasseroberfläche schauten, begannen die Bootseigner und die Versicherungsvertreter das Wrack an der Sicherungsleine soweit wie möglich einzuholen.


Den Tauchern wurden Leberkässemmeln gereicht.

In ca. 4 m Tiefe wurde es erneut auf Grund gesetzt, um mit der zweiten Gruppe die Hebesäcke so zu platzieren, dass das Boot möglichst dicht unter die Wasseroberfläche gehoben wurde. Das war natürlich in dieser geringen Tiefe ein wesentlich kleineres Problem, als bei 18 m mit Dunkelheit und dem im Schlamm eingesunkenen Kiel.


Die Hebesäcke sind neu angebracht und das Aluboot nimmt langsam Fahrt zur Werft auf.


In den ruhigeren Gewässern der Werft ist das Boot schon zu erkennen.

Am Steg wartete bereits das Boot der Werft Simmerding, um das Wrack an den Haken zu nehmen und es vorsichtig zur ca. 800 Meter entfernten Werft Simmerding zu schleppen. An der Anlegstelle der öffentlichen Schifffahrt in Leoni schnellte unser Puls noch einmal in die Höhe. Hier konnten wir ein Problem mit den Hebesäcken am wenigsten gebrauchen. An der Werft angekommen wurde es in einer Tiefe von ca. 2 m auf Grund gesetzt, nachdem es nicht in die Slippanlage gezogen werden konnte. Wir versuchten das Leck abzudichten, die Hebesäcke abzunehmen und das Boot leer zu pumpen, was uns aber in der Dunkelheit nicht gelang. Hier zeigten sich auch die Nachteile der äußerst sicheren, aber schwer zu lösenden Verknotung. Letztendlich mussten wir die Verbindungsseile mit dem Messer kappen. 


Das Boot wird mit einem Geländewagen der Werft in flaches Wasser gezogen.

Am nächsten Tag wurde das Boot noch etwas weiter an Land gezogen. So war es möglich stehend, mit dem Kopf über Wasser, eine dünne Sperrholzplatte über dem Leck zu verschrauben. Was uns gestern bei dem starken Wellengang und der Dunkelheit ohne Gegendruck nicht gelang. Danach  wurde das Wrack mit Hilfe von zwei großen Alurumpfbooten soweit aus dem Wasser gehoben, dass sich das Heck leicht über dem Wasserspiegel erhob. Die Werft pumpte es mit zwei Hochleistungspumpen leer. Nun konnte die Caprice schnell in die Slippanlage gefahren werden, um es im Trockenen mit einem Kran auf ihren Anhänger zu heben.  Jetzt begutachteten 2 Experten der Versicherung die Schäden und der Eigner konnte mit seinem beschädigten Liebling nach Hause fahren.


Die Sachverständigen bei der Arbeit


Ein- und Aussichten.


Der letzte Wasserrest wird ausgepumpt um das Gewicht zu reduzieren..


Der letzte Akt des Dramas.

Wie gerne hätten wir das Wrack an seiner Stelle gelassen um vielen Tauchern einen schönen Tauchgang zu ermöglichen.

Vielen Dank an alle Beteiligte der Bergungsaktion:
Hubert Hubal, Lino von Garzen und
Uli Mößlang (UW-Bilder), Thomas Leidinger, Hans Georg Hunstein, , M. und A. Ringelhan, H. Hennecke und Olaf Jung, der Bootswerft Simmerding und der Wasserpolizei.

 

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