Die Werksbesatzung Entnommen aus dem Roman Die Uhrheberrechte bei den Seiten liegen bei Albin Kühnel und sind auszugsweise auch in abgeänderter Form, auf Papier oder Datenträgen verboten.
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Die Besatzung eines Werkes bestand aus Artillerie- und Infanterieoffizieren sowie aus Artilleristen und Infanteristen. Werkskommandant war ein Offizier der Festungsartillerie im Range eines Oberleutnants oder Hauptmanns. Die Stärke der Besatzung hing von der Größe des Werkes ab. Die Werke auf den Hochflächen von Lavarone und Folgaria waren bei Ausbruch des Krieges gegen Italien am 23. Mai 1915 wie folgt besetzt: Werk „Cima di Vezena“: 1 Fähnrich als Kommandant (Konrad Schwarz) 48 Festungsartilleristen und Landesschützen Werk „Verle“: 1 Oberleutnant als Kommandant (Albert Giebermann) 1 Werksarzt 3 Offiziere der Festungsartillerie 187 Festungsartilleristen 1 Landesschützenoffizier 50 Landesschützen Werk „Lusern“ 1 Oberleutnant als Kommandant (Emanuel Nebesar) 1 Werksarzt 3 Offiziere der Festungsartillerie 160 Festungsartilleristen 1 Landesschützenoffizier 68 Landesschützen Werk „Gschwent“ 1 Oberleutnant als Kommandant (Anton Perschitz) 1 Werksarzt 3 Offiziere der Festungsartillerie 138 Festungsartilleriesten 1 Landesschützenoffizier 60 Landesschützen Werk „San Sebastiano“ 1 Hauptmann als Kommandant (Edmund Proksch) 1 Werksarzt 3 Offiziere der Festungsartillerie 160 Festungsartilleristen 1 Landesschützenoffizier 68 Landesschützen 6 Sanitäter 10 Telephonisten 5 Sappeure 5 Ordonnanzen und 6 Offiziersdiener Werk „Sommo“ 1 Oberleutnant als Kommandant (Rudolf Kalifius) 1 Werksarzt 3 Offiziere der Festungsartillerie 85 Festungsartilleristen 1 Landesschützenoffizier 42 Landesschützen 5 Sanitäter 10 Telephonisten 3 Ordonnanzen und 5 Offiziersdiener Werk „Serrada“ 1 Hauptmann als Kommandant (Leo Schwarz) 1 Werksarzt 3 Offiziere der Festungsartillerie 159 Festungsartilleristen 1 Landesschützenoffizier 60 Landesschützen Dem
Verfasser liegen nur Angaben über die Anzahl der Sanitäter,
Telephonisten, Ordonnanzen und Offiziersdiener der Werke „San
Sebastiano“ und „Sommo“ vor. Die
Artilleristen der Hochflächenwerke rekrutierten sich aus dem k.u.k.
Festungsartilleriebataillon Nr. 6. Das Bataillon war erst im Jahr 1909
aufgestellt worden. Es war ein galizisches Bataillon, das aber seinen
Rekrutierungsbereich im 14. Korps (Innsbruck) hatte. Es bestand zu 31
v.H. aus Deutschen, 31 v.H. aus Polen und zu 38 v.H. aus Angehörigen
anderer Sprachgruppen der Donaumonarchie. Die
Infanteriebesatzungen der Hochflächenwerke waren bei Kriegsausbruch
Detachements des X. Marschbataillons des k.k. Landesschützenregiments
Nr. II. Die im Jahre 1870 aufgestellten Landesschützenregimenter waren
eine Gebirgstruppe, die sich ursprünglich nur aus Tirol und Salzburg
rekrutierte; sie sollten die österreichische Antwort auf die
Alpinitruppen Italiens sein. Wegen ihrer außergewöhnlichen Tapferkeit
im Ersten Weltkrieg wurden sie am 16. Januar 1917 von Kaiser Karl I. als
Ehrung in Kaiserschützenregimenter umbenannt. Das Landesschützenregiment
Nr. II setzte sich bei Kriegsausbruch aus 55 v.H. Angehörigen der
deutschen und 41 v.H. Angehörigen der italienischen Sprache zusammen.
Nur 4 v.H. gehörten einer anderen Sprachgruppe an. Über
den Kampfwert der Besatzungen schreibt Fritz Weber, der als Fähnrich
dem Werk „Verle“ zugeteilt war, in seinem Buch „Granaten und
Lawinen“: „Die Mannschaft
besteht durchwegs aus jungen, verläßlichen Leuten, fast nur Oberösterreichern,
Salzburgern und Tirolern. So ist es auch in den anderen Werken. Man hat
diese Schlüsselstellung des Krieges gegen Italien in die treuesten Hände
gelegt, die je eine Waffe trugen.“ Unverdrossen und opferfreudig, unter den elendsten Bedingungen, haben Offiziere und Besatzung ihren schweren Dienst in den Werken verrichtet. Es gab keine behaglichen Kasematten, keine komfortablen Küchen, Ambulatorien und Krankenzimmer, keine pompösen Schlossereien und Schmieden. In stickigen, muffeligen, immer feuchten Kasematten zusammengepfercht lag man auf armseligen Pritschen, Schimmel, wohin man blickte und was man angriff, dazu im Sommer Myriaden von Fliegen, die das Leben zu Qual machten. Wenn
man dann noch bedenkt, dass die Werke auf den Hochflächen von Lavarone
und Folgaria bereits im Mai 1915 unter schwerstem Beschuss standen, kann
man erst die an ein Wunder grenzenden Leistungen der Verteidiger, aber
auch deren Leiden ermessen. Die Belastungen, denen die unerfahrenen
Werksbesatzungen ausgesetzt waren, lassen sich aus heutiger Sicht kaum
mehr nachvollziehen, müssen jedoch unmenschlich hoch gewesen sein. Luis
Trenker, der als Einjährigfreiwilliger Kanonier und später als Fähnrich
gleichfalls dem Werk „Verle“ zugeteilt war, beschreibt in seinem
Buch „Sperrfort Rocca Alta“ (= „Verle“) die Gefühlswelt und die
psychische Belastung der Besatzung eines Werkes höchst eindrucksvoll:
„...der Soldatentod kann einen
hinterrücks niederreißen, er kann seinem Opfer Martern ohnegleichen
auferlegen; das Schrecklichste aber ist: begraben zu werden und auf den
Tod zu warten, in einer Gruft zu hausen, deren Deckel nur mehr ein
Wunder öffnen kann. Das war das Schicksal weniger, die ausharren mußten
in den wenigen Befestigungen, über die der Weltkrieg trotz aller
Technik nicht rasch und mit verheerender Gewalt hinweggeschritten ist.
einerlei, wo sie standen, hüben oder drüben: ihre Männer haben das
Leben und den Tod in der grausamsten Welt kennengelernt.“ Es
war kein Wunder, dass viele Soldaten der Werksbesatzungen ihre Situation
als unerträglich empfanden. Nur so konnte es passieren, dass in den
Werken „Verle“ und „Lusern“ die beiden Kommandanten -
unerfahrene Offiziere der Festungsbeleuchtungstruppe - ihre
Befestigungsanlagen aufgaben. Mit dem heutigen Wissen über die tatsächliche
Lage und über die Wichtigkeit dieses Abschnitts war ein derartiges
Verhalten natürlich auf den ersten Blick unter keinen Umständen
entschuldbar, da durch eine Aufgabe dieser beiden Werke die Kameraden
der anderen noch weitaus mehr gefährdet waren und unter Druck gerieten,
als dies ohnehin schon der Fall war. Die
gegen die beiden Kommandanten durchgeführten Gerichtsverfahren kamen
allerdings bei der Beurteilung ihres Verhaltens im wesentlichen zu dem
Ergebnis, dass die Offiziere im maßgebenden Zeitpunkt nicht mehr
einsatzfähig waren (Oberleutnant Nebesar) bzw. die Nerven verloren
haben dürften, ja sogar unzurechnungsfähig gewesen seien (Giebermann).
Eine Verurteilung ist letztendlich unterblieben. Eduard
Lakom, der Erbauer des Werks „Lusern“, hat es m. E. auf den Punkt
gebracht, wenn er schreibt; „Niemand,
der nicht selbst eine schwere Beschießung in einem Panzerwerk
mitgemacht hat, hat das Recht, auf die beiden Werkskommandanten in
Lusern und in Verle /die versagt hatten) einen Stein zu werfen. Das
Verschulden trifft alle jene, die nicht wußten, daß, so wie auf hoher
See im Sturm der Kapitän eines Schiffes ein ganzer Mann mit Nerven aus
Stahl, dies auch ein Werkskommandant, und vielleicht in noch höherem Maße,
sein muß.“ Abgesehen
von diesen bedauerlichen Einzelfällen hat der Kampf um die so ruhmreich
gehalten Hochflächenwerke von Lavarone und Folgaria gelehrt, dass
selbst die stärksten Beschädigungen durch die Beschießung permanenter
Fortifikationen noch immer nicht zu einer Katastrophe führen müssen,
wenn neben einer nervenstarken Führung und einer tapferen Besatzung
technische Offiziere mit ihren Gehilfen sich mit der gleichen
Todesverachtung anschicken, die entstandenen Schäden sofort zu beheben
und dadurch der Besatzung ein weiteres Ausharren ermöglichen. Allzu viele Auszeichnungen hat es für die Offiziere und Werksbesatzungen trotz ihrer Leistungen nicht gegeben, besonders keine hohen. Offenbar hielt man derartige Leistungen für selbstverständlich. Den meisten von ihnen blieb nur eine Auszeichnung: Den Einsatz in den Werken mit heiler Haut und nicht allzu angegriffener Gesundheit überlebt zu haben.
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