Die Bewaffnung der Hochflächenwerke Lavarone-Folgaria

Entnommen aus dem Roman 
"Sturm über den Werken"
von Albin Kühnel

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Ulrich Mößlang der Tauchbrillenspezialist
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Ulrich Mößlang Optik Heydenreich der  Tauchbrillenspezialist  und  zertifizierter Sport-Optiker  
  
Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte, Stellungen und Festungen der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen, Dolomiten, Verona, Venezien und Friaul.  Denkmäler in München, Bayern und dem Rest der Welt.

 

    Die Werke auf den Hochflächen von Lavarone und Folgaria waren – vom Werk „Cima di Vezzena“ abgesehen – artilleristisch alle nach dem gleichen Schema armiert worden: Für den Fernkampf 10 cm-Turmhaubitzen Modell 9, für den Nahkampf 8 cm-Minimalschartenkanonen Modell 9, 6cm-Kasemattkanonen Modell 10 und 8 mm-Maschinengewehre Modell 07/12. Das waren seinerzeit die modernsten Waffen, über die die k.u.k. Streitkräfte verfügten. Sie haben den in sie gesetzten Erwartungen – allerdings mit gewissen Einschränkungen bei der Turmhaubitze M 9 – gut bis sehr gut entsprochen.  

 

Die 10 cm-Turmhaubitze Modell 9  

Die von Oberst des Geniestabs Otto Ellison von Nidlef konstruierte 10 cm-Turmhaubitze Model 9 bestand aus einem in einem Bronzeguss gefertigten Haubitzenrohr, das einen rechtsseitigen Flachkeilverschluss mit Hülsenliderung (Abdichtung bei Hinterladern) aufwies. Es war mit Rohrrücklauf auf einer Vorderpivotwiegenlafette montiert, die ihrerseits auf einer schwenkbaren Plattform stand. Die Lafette hatte eine hydraulische Bremse, zwei Vorhebeeinrichtungen, eine Zahnbogenhöhenrichtmaschine mit Schneckenradvorgelege und eine Entlastungsvorrichtung. Der Elevationsbereich war mit +450 bis –150 größer als bei den Vorgängermustern. Die Seitenrichtmaschine besaß einen Schneckentrieb.  

Die Turmhaubitze wurde durch Heben und Drehen der Kuppel grob auf ihre Schussrichtung geschwenkt und durch Drehen der Plattform genau gerichtet. Die Feuergeschwindigkeit betrug acht bis zehn Schuss pro Minute. Mit der neu eingeführten Sprenggranate M 10 aus Pressstahl mit einem Gewicht von 15,7 kg und einer Sprengladung von 1,7 kg Trotyl besaß man ein Geschoß, mit dem die Turmhaubitze M 9 bei Einzelschüssen auf Feldziele eine ausgezeichnete Wirkung erzielte. Die Schussweite betrug 8.200 m.  

Rohr und Lafette waren im Gegensatz zu den früheren Drehpanzerkonstruktionen vom Panzerturm vollkommen unabhängig. Sie konnten im Bedarfsfall ohne Desarmierung der Panzerkuppel ausgebaut und nach Herstellung einer Betonbettung im Freien außerhalb des Werkes aufgestellt werden, was bei den Werke „Verle“ und „Lusern“ nach Zerstörung der Geschütztürme auch geschehen ist.  

Die wesentlichen Vorteile der 10 cm-Turmhaubitze M 9 
    waren folgende:
 

1. Kein empfindlicher Drehmechanismus, der bei den Vorgängermodellen leicht
     zu Verklemmungen geführt hatte.

2. Die Lafettenkonstruktion war - wie bereits ausgeführt - von der Panzerkuppel vollkommen unabhängig. Sie wurde daher auch bei Volltreffern auf die Panzerkuppel nicht in Mitleidenschaft gezogen. Es waren also alle Voraussetzungen dafür gegeben, dass das Geschütz bis zur letzten Kampfphase intakt blieb.  

3. Die Kuppelscharte mit dem Geschützrohr konnte durch Abschwenken der Panzerkuppel dem feindlichen Feuer entzogen werden.  

4. Zum Unterschied von einer Senkpanzerkonstruktion feuerte das Geschütz bei festaufliegender Panzerkuppel und konnte, in der Rohrlänge wenig beschränkt, auch auf größere Entfernung und, weil ein gegen Flachbahnfeuer besonders empfindlicher Teil fehlte, auch während des feindlichen Artilleriefeuers wirken.  

5. Es war nicht erforderlich, wegen jeder geringen Änderung der Seitenrichtung die Panzerkuppel zu drehen, weil in jeder Kuppelstellung 15o nach jeder Seite Wendungswinkel zur Verfügung stand. War die Panzerkuppel doch einmal verklemmt, so verfügte man immer noch über ein Richtfeld von 30o.  

6. Die Lafette entsprach allen seinerzeit modernen Anforderungen wie z.B. Rohrrücklauf, unabhängiger Visierlinie mit Fernrohr usw.  

7. Die gesamte Konstruktion war billiger in der Herstellung und bedeutend einfacher in der Handhabung als die Senkpanzer des in der Gürtelfestung Przemysl eingebauten Typs.  

Man hatte also die Vorteile der alten Panzerkasematten, der Panzerlafetten und des Senkpanzers Typ „Przemysl“ vereinigt, deren Nachteile aber vermieden.

Die 10 cm-Turmhaubitze M 09 wurde in die Lavarone- und Folgariawerke in erster Linie zur Abwehr von Nahangriffen eingebaut. Fernhalte- und Fernkampfgeschütze sollten - offen aufgestellt - von verdeckten Stellungen aus feuern und die italienische Fernkampfartillerie in Zaum halten. Derartige Geschütze standen im Mai 1915 nach der Kriegserklärung Italiens an der Tiroler Front zunächst nicht zur Verfügung. Daher mussten die Haubitzbatterien der Hochflächenwerke mit ihrer Reichweite von maximal 8.200 m diese Aufgabe mit übernehmen, so gut es eben möglich war. Dass sie dabei den italienischen 14,9 cm Langrohrkanonen der Panzerwerke Monte Verena und Campolongo, die bis zu 12.000 m weit schießen konnten und außerhalb der Schussweite der österreichischen Werke lagen, hoffnungslos unterlagen waren, bekamen sie in den Maitagen 1915 auf das Heftigste zu spüren. Erst als im Juni 1915 eine 30,5 cm-Mörserbatterie auf der Hochfläche von Lavarone in Stellung gebracht war und die beiden italienischen Panzerwerke unter Feuer nahm, war es mit ihrer  Wirksamkeit  vorüber:  Innerhalb  von nur wenigen Tagen waren sie außer Gefecht gesetzt.  

 

Die 8 cm-Minimalschartenkanone M 9 und die 
10 cm-Kasemattkanone M 12  

Je zwei 8 cm-Minimalschartenkanonen M 9 (Schussweiten: Granaten 4.000 m, Schrapnell 3.000 m, Kartätschen 400 m) standen in den Traditorenbatterien der Werke „Verle“ und „Lusern“, während in den Traditor des Werkes „San Sebastiano“ zwei 10 cm-Kasemattkanonen M 12 eingebaut worden waren. Die Werke „Gschwent“, „Sommo“ und „Serrada“ verfügten über keine Traditorenbatterie.  

In „Verle“ z.B. bestand die Traditorenbatterie aus zwei 8cm-Minimalschartenkanonen, die gestaffelt hinter „Stirnpanzern“, also hinter in Beton eingebauten, senkrechten Panzerplatten aufgestellt waren. Jedes dieser Geschütze konnte bis zu 20 Schuss pro Minute abgeben.

Die Traditoren dienten - wie bereits ausgeführt - der Nahverteidigung und bestrichen das Gelände zwischen zwei Werken. Jene von „Verle“ und „Lusern“ haben wesentlich zur Abwehr aller italienischen Angriffe auf der Hochfläche von Lavarone beigetragen.

 

Die 6 cm-Kasemattkanone M 10  

Das Standartgeschütz für die Grabenstreichen der Hochflächenwerke war die 6 cm Kasemattkanone M 10. Ihre Einbauordnung entsprach den älteren Mustern, nur die Rohre waren bereits von modernen Mustern. Die Kanonen hatten Keilverschlüsse, die sich senkrecht bewegten, sogenannte Fallblockverschlüsse und standen, ähnlich wie die Traditorengeschütze, hinter Stirnpanzern. Die Feuergeschwindigkeit betrug 12 (ohne Zielwechsel 15) Schuss pro Minute, ihre Reichweite ca. 1.500 m. Ihr Feuerbereich reichte in der Senkrechten von -100 bis + 100, in der Waagrechten betrug er 260.  

 

Das 8 mm-Maschinengewehr Muster 07/12  

Alle Werke auf den Hochflächen von Lavarone und Folgaria, auch das „Werk Cima di Vezzena“, waren mit 8 mm-Maschinengewehren Muster 07/12 des Systems Schwarzlose ausgerüstet. Dieses Modell war - im Vergleich zu den Maschinengewehren anderer Konstrukteure in der Donaumonarchie - das modernste und auch das beste. Es wurde im Jahre 1907 als 8 mm-MG Muster 07 in der k.u.k. Armee eingeführt.  Sein  Konstrukteur war Andreas Wilhelm Schwarzlose. Die Produktion dieses Modells wurde am 08. Januar 1908 von der Technischen Kommission angeordnet und von den österreichischen Waffenwerken in Steyr verwirklicht. Im Zuge seiner Verwendung zeigten sich einige konstruktionsbedingte Nachteile, die in den Steyrer Waffenwerken verbessert wurden. Unter anderem wurde das Verschlusssystem komplett überarbeitet. Die verbesserte Version bekam die Bezeichnung 8 mm-MG Muster 07/12 und wurde das Standart-Maschinengewehr der k.u.k. Armee.  

Für den Einbau in die Befestigungsanlagen wurden die Maschinengewehre ohne Schutzschild ausgeliefert. Er war in den Werken überflüssig, wurden sie doch ohnehin hinter Panzer eingebaut. In den Hochflächenwerken standen sie in der Regel unter dem fixen, „bombensicheren Panzerstand mit überragender Haube für 2 Stück 8 mm M 7/12 MG mit paralleler Schussrichtung“ oder in einer Grabenstreiche. Die für die Werke bestimmten Modelle besaßen einen zusätzlichen Befestigungsring vorne um den Kühlmantel, woran sie unschwer von einem normalen Maschinengewehr zu unterscheiden waren.  

Die Maschinengewehre M 07/12 waren eine Waffe für den Nahkampf. Ihre Feuergeschwindigkeit konnte bis zu 650 Schuss/Min. variiert werden.

 

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