Zur Entstehung der Widerstandslinie 
Lavarone - Folgaria

Entnommen aus dem Roman 
"Sturm über den Werken"
von Albin Kühnel

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Ulrich Mößlang Optik Heydenreich der  Tauchbrillenspezialist  und  zertifizierter Sport-Optiker  
  
Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte, Stellungen und Festungen der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen, Dolomiten, Verona, Venezien und Friaul.  Denkmäler in München, Bayern und dem Rest der Welt.

 

Lavarone und Folgaria sind zwei Hochflächen im einstigen südöstlichen Teil des Südtiroler Grenzlandes, die vor dem Ersten Weltkrieg dem Namen nach kaum einer kannte. Nur wenige wussten, wo diese beiden Gemeinden zu finden waren. Jahrhunderte lang war es ein verlassenes, wegen seiner Höhenlage von der Umwelt weitgehend abgeschnittenes Grenzland. Zwei schlechte, ausschließlich den bäuerlichen Bedürfnissen genügende Fahrwege durch tiefe Schluchten und entlang steiler Berghänge aus dem Etschtal und dem Val Sugana herauf stellten eine Verbindung zur Außenwelt her. In den Wintermonaten, von November bis März, war diese Gegend auf Grund der hohen Schneelage und der ständigen Lawinengefahr von Trient hermetisch abgeschlossen.  

Und doch war dieses Gebiet ein von Gott begnadetes, herrliches Fleckchen Almlandschaft, mit idyllischer Ruhe, grünen Wiesen, Weiden und dunklen Wäldern, alles eingesäumt von den hohen, schroffen Gebirgsketten der Lessinischen Alpen, die sich vor allem nach Osten zu, in Richtung der italienischen Grenze, wie ein unüberwindlicher Sperrriegel erhoben.  

Auch dort war das lessinische Gebirge nur von wenigen, tiefen Schluchten durchbrochen, nämlich durch die Täler der Assa, des Astico und des Leno, durch die fahrbare Wege in die vorgesehenen italienischen Aufmarschräume gegen Tirol, nämlich nach Asiago und Arsiero führten, in die „Sette Comuni“, auf deutsch „Sieben Gemeinden“.  

Im Jahre 1906 war es jedoch vorbei mit dem Jahrhunderte hindurch herrschenden stillen Bergfrieden. Scharen von Arbeitern rückten an, die eine grandiose Straße im Hochgebirgsstil mit Kehren, Tunnels und Galerien längs der tiefen Friccaschlucht bauten, die in einer Rekordbauzeit den Raum Lavarone erreichte. Eine ebenso kühne und grandiose Straße wurde aus dem Etschtal herauf gebaut, die von Calliano nach Folgaria führte. Schließlich errichtete man noch eine nur militärischen Zwecken dienende Drahtseilbahn von großer Leistungsfähigkeit von Caldonazzo aus hinauf nach Monte Rover. Die Talstation war durch ein Anschlussgleis mit der Val Sugana-Eisenbahn verbunden.  

In den beiden stillen Orten Lavarone und Folgaria, die früher deutsch besiedelt waren und Lafraun und Vielgereuth hießen, wurde mit der Errichtung von Kasernen und sonstigen damit zusammenhängenden militärischen Objekten begonnen. Mit einem Schlag herrschte in der sonst von Gott verlassenen Gegend regstes Leben und Treiben. Auf den Baustellen in unmittelbarer Grenznähe krachten Tag und Nacht die Sprengschüsse für die Zufahrtsstraßen zu noch geheimnisvolleren Bauvorhaben, die - durch hohe Schilfmatten abgeschirmt - so lange als möglich vor ungebetenen Einblicken geschützt werden sollten.  

Ein Jahr später wurde mit dem Bau von sieben Panzerwerken begonnen. Im Gebiet von Lavarone entstanden die Werke „Cima die Vezzena“ (Baubeginn: 1907; Fertigstellung: 1912), „Verle“  (1907 - 1911), „Lusern“  mit  den  Stützpunkten  „Viaz“  und  „Oberwiesen“  (1907 -

1910) und „Gschwent“ (1909 - 1912). Etwas später begann man auf der Hochfläche von Folgaria mit der Errichtung der Werke „San Sebastiano“ (1909 - 1913), „Sommo“ (1912 - 1915) und „Serrada“ (Baubeginn: 1912; Fertigstellung: 1915).  

Die Werke unterschieden sich je nach taktischem Zweck und Gelände sowie nach den während der Bauperiode verbesserten Erkenntnissen moderner Waffenwirkung deutlich voneinander. Die zuerst begonnene Lavaronegruppe umfasste am Steilabfall zum Val Sugana, 4 km südöstlich von Levico, mit „Cima di Vezzena“ beginnend, noch die Werke „Verle“, „Lusern“ und „Gschwent“. „Cima di Vezzena“ war in fast 2.000 m Meereshöhe von vornherein als Artilleriebeobachtungsstelle und nicht als Artilleriewerk vorgesehen. Das Werk „Verle“ hatte in unmittelbarer Nähe des Vezzenapasses die Assastraße zu sperren. Das Werk „Lusern“ auf dem Campo di Luserna bildete den vorgeschobenen Eckpfeiler der Befestigungskette. Seine beherrschende Lage zwischen Asticotal und Torreschlucht sowie die Wirkungsmöglichkeiten in das Asticotal, auf die Assastraße und auf den Südteil der Hochfläche von Vezzena ließen es zum Brennpunkt der Kämpfe um die Befestigungen im Sommer 1915 werden. Das Werk „Gschwent“, 2 km südöstlich von Lavarone am Steilabfall zum Asticotal in gewachsenen Fels eingebaut, war besonders widerstandsfähig; es sperrte das gesamte obere Asticotal.  

Mit dem Werk „San Sebastiano“ auf der Hochfläche von Folgaria begann die nächste Werkgruppe, die man unter Berücksichtigung zwischenzeitlich gemachter fortifikatorischer Erfahrungen moderner ausgebaut hatte, als die Lavaronegruppe. Das Werk „Sommo“ war als reines Artillerie-Zwischenwerk ohne Nahkampfanlagen ausgelegt. Den Abschluss bildete das modernste und weitläufigste Werk „Serrada“, 2 km südöstlich des gleichnamigen Dorfes auf dem Dosso del Sommo gelegen. Es hatte im Zusammenwirken mit dem Werk „Sommo“ die Abwehr eines Angriffs aus dem Raume Plaut-Costa d’Agra-Monte Maronia artilleristisch zu unterstützen und außerdem das Terragnolotal zu sperren.  

Im Sommer 1914, also nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs, als feststand, dass Italien seinen Verpflichtungen aus dem Dreibund nicht nachkommen würde und ein Übertritt in das Lager der Entente immer wahrscheinlicher wurde, begannen die Österreicher damit, auf den Hochflächen von Lavarone und Folgaria ihre Hauptwiderstandslinie zu errichten. Sie verlief zwischen den Panzerwerken, bestand aus Schützengräben und aus Stützpunkten, die mit Gewehr- und Maschinengewehrständen ausgestattet waren und auch Platz für kleine Scheinwerfer und leichte Minenwerfer boten und war durch einen durchgehenden, zwei- bis dreireihigen, jeweils 6 m tiefen Drahtverhau geschützt. Diese Arbeiten waren im Frühjahr 1915 im wesentlichen abgeschlossen.  

Auf der Hochfläche von Folgaria allerdings verlief die Hauptwiderstandslinie wegen der in Grenznähe eigenartigen Bodengestaltung, der Unübersichtlichkeit des Geländes und der für die Österreicher sehr ungünstig verlaufenden Grenzlinie derart, dass die Panzerwerke Sommo und San Sebastiano vor ihrer Front zu liegen kamen. Wichtige Beobachtungspunkte, wie vor allem der Monte Coston und der Monte Maggio, lagen jedoch auf der Grenzlinie und wurden nach der italienischen Kriegserklärung sofort besetzt. Diesen Missstand beseitigte man, wie den Werkstagebüchern entnommen werden kann, bereits wenige Tage nach Kriegsausbruch und schob die Hauptwiderstandslinie auf den Höhenrücken Plaut-Durer vor.

 

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