" Werk Lusern "

Kriegstagebuch  des Werkskommandanten 

Entnommen aus dem Roman  
"Sturm über den Werken"
von Albin Kühnel

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Ulrich Mößlang der Tauchbrillenspezialist
hat die Seiten internettauglich aufbereitet.

Ulrich Mößlang Optik Heydenreich der  Tauchbrillenspezialist  und  zertifizierter Sport-Optiker  
  
Fernkampfwerke, Bunker, Infanteriestützpunkte, Stellungen und Festungen der Österreicher und Ex Forte der Italiener aus dem ersten Weltkrieg in den Alpen, Dolomiten, Verona, Venezien und Friaul.  Denkmäler in München, Bayern und dem Rest der Welt.

 

Die zweite Beschußperiode 
(15. August bis 31. Oktober 1915)

1. bis 10. August 1915  

Kein Feindbeschuß die ganze Zeit hindurch!

Alle Reparaturarbeiten und Neuherstellungen beendet. Alle Arbeiten auf den Werksdecken und sonstige Arbeiten wurden vom Gegner in keiner Weise gestört, obwohl (er) über diese vollkommen orientiert war.

Feindliche erkannte Vorbereitungen für einen Großangriff mit erdrückender Übermacht auf die Lavaroneposition.  

Es folgen nun die Aufzeichnungen Oberleutnant Schauflers, des Kommandanten des Werks „Lusern“, im Werkstagebuch für den Zeitraum vom 10. bis 31. August 1915 mit den vom Verfasser zum besseren Verständnis für notwendig erachteten Ergänzungen.

 

10. August 1915  

Wetter unverändert schön - Feindbeschuß unbedeutend. Die 14,9 cm-Batterie auf Osteria del Ghertele ( im oberen Assatal ) gibt in der Zeit von 11 Uhr vormittags bis 12 Uhr mittags 20 Schuß Schrapnells auf die Werkstraße und (das) Hintergelände des Werkes ab. Keine Schäden oder Verluste.

Unseren Skodamonteur müssen für einige Tage nach Werk „Gschwent“ abgeben, da dort ebenfalls Überholungsarbeiten an den Drehpanzern zu machen sind. Der Werkskommandant von „Gschwent“, Hauptmann Trakl, der uns heute besuchte, bat unseren Werkskommandanten um die Aushilfe des Skodamonteurs, da seine Leute nicht zurecht kommen. Ja, der Skodamonteur ist auch einmalig. Es gibt nichts, was der Mann nicht reparieren und wieder gebrauchsfertig machen kann. wir helfen gerne aus, umsomehr, als bei uns alle Drehpanzer und Geschütze voll in Ordnung sind und wir ihn gut auf einige Tage entbehren können.

Heute Nachmittag haben (wir) die Stellung der 15 cm-Haubitzbatterie Hauptmann Rose des Deutschen Alpenkorps, die gestern hinter unserem Werk am Ausläufer der Cost’alta in Stellung gegangen ist, besichtigt. Da staunten wir, was da zu sehen war. Neue schwere lange 15 cm-Rohrrücklaufhaubitzen mit 8.900 m Schußweite und Berge von Munition. Für jedes Geschütz 1.500 Schuß. Wir wurden gastlich empfangen, als wenn wir weiß Gott was für  hohe  Militärs gewesen wären. Hauptmann Rose, ein unverwüstlicher Rheinländer, ließ mit seinem Humor und Späßen die Zeit so schnell vergehen, daß es 9 Uhr abends war, als wir aufbrachen und uns für die einmalige Gastfreundschaft bedankten. Selbstverständlich luden wir unsere Gastgeber auf recht bald zu uns auf Besuch im Werk „Lusern“ ein.  

Wenn man unsere ausgemergelten, übermüdeten und zerlumpten Landsturmarbeiter, die trotz allem ihre Pflicht tun, mit den Artilleristen, lauter Riesen von Gestalt, der Batterie Rose vergleicht, dann tut einem das Herz im Leibe weh, wenn man bedenkt, was unser Bundesgenosse für Menschenmaterial zur Verfügung hat.  

Wir, die wir mit jedem Schuß fragen müssen, ob wir dürfen oder nicht, wo wir nicht wissen, ob wir rechtzeitig Ersatz für jeden 10 cm- oder 8 cm-Schuß bekommen - und die Berge von Geschossen sehen, dann beschleicht uns ungewollt ein Wehmutsgefühl, wie arm wir im Vergleich zu unseren deutschen Brüdern sind.  

„Wir werden den Brüdern auf der anderen Seite schon einheizen, wenn es soweit ist“, verabschiedete sich Hauptmann Rose von uns, mit dem Versprechen, bald mit seinen Batterieoffizieren uns im Werk Lusern zu besuchen.  

Keine Verluste

 

11. August 1915  

Zeitweise nebliges Wetter und leichter Regen. Den ganzen Tag über kein einziger Schuß auf Werk „Lusern“ vom Feind abgegeben.  

Bis auf den Stollenausbau sind wir mit unseren Reparatur- und Erneuerungsarbeiten fertig. Großes Reinemachen im Werk, denn der Zementstaub lag fußhoch auf den Gängen und Stiegen, da keine Zeit war, diesen abzuräumen; denn unser Motto „Betonieren und wieder betonieren“ ging allem vor. Nach dem Reinemachen hat die ganze Besatzung bis auf die im Dienst befindlichen Mannschaften dienstfrei.  

Von der gestern besuchten rheinischen 15 cm-Haubitzbatterie heute erster Besuch bei uns im Werk. Ein Offiziersstellvertreter und 20 Mann kamen und staunten, was bei uns alles zu sehen ist, von dem unsere Gäste gar keine Ahnung haben. Keiner war oder hat ein Panzerwerk überhaupt noch gesehen, geschweige denn betreten. Bewundert wurden unsere 10 cm-Turmhaubitzen und 8 cm-Minimalschartenkanonen in deren komplizierter Lafettierung (Minimalschartenlafetten M.S.L.). Es war ein Fragen ohne Ende und zeigte, welches Interesse unsere deutschen Brüder an all den technischen Einrichtungen unseres Werkes bekundeten.  

Die 15 cm-Haubitzbatterie hatte bereits Stellungen in den Dolomiten im Raum Sexten bezogen, und (es) war all den Leuten eine Hochgebirgslandschaft etwas völlig Neues und Unbekanntes. Nun, unser Rechnungsunteroffizier Macek ließ sich nicht lumpen und zeigte ihnen eindringlich, was auch österreichische Gastfreundschaft bedeutet. Unser Macek äußerte sich später zu unserem Werkskommandanten, als dieser ihn ob seiner ungewohnten Freigiebigkeit befragte: „Mir ist schon alles egal - einmal werde ich ja doch beim Kriegsgericht in Pergine landen. Ob dann mehr oder weniger, macht schon nichts mehr aus.“ Dieser brave, einmalige Mann ist die Peinlichkeit und Genauigkeit in all seinen Abrechnungsarbeiten und (der) Versorgung unserer Werksbesatzung mit ihren Lebensbedürfnissen, ein alter Friedensdiener, wie es heute nur noch wenige gibt, die mit allen Schlichen und Drehs vertraut sind, um immer mehr heranzuschaffen, als der Bedarf ist. Wir können uns (im) Werk „Lusern“ ohne unseren Stabsfeldwebel Macek überhaupt nicht vorstellen, was da wäre. Uns Offizieren liest er jeden Wunsch, bevor noch ein Wort gesprochen ist, von den Lippen ab; aber ebenso bedacht ist er für unsere Werksbesatzung, daß dieser es ja an nichts fehlt, und (er) auch rechtzeitig alles hat, was ihr zusteht. Was bei der Menage in der Küche übrig bleibt, wird immer an besonders Hungrige verteilt, und (es) wird nichts aufgehoben.  

Keine Verluste.  

 

12. August 1915  

Wieder schönes Wetter. Feindbeschuß kaum der Rede wert. Die 14,9 cm-Batterie auf Osteria del Ghertele gibt 15 Schuß Granaten auf Werk „Lusern“ ab und erzielt zwei Treffer auf dem Kasemattblock. Alle anderen Einschläge (liegen) am Glacis, (im) Frontgraben und (auf dem) Kehlhindernis. In den auf der Werksdecke aufgebrachten Drahtschanzkörben laufen sich die 14,9 cm-Einschläge tot und richten überhaupt keinen Schaden an. Wir werden ja sehen, wie diese den täglich zu erwartenden 28 cm-Beschuß überstehen werden.  

Heute darf die Werksbesatzung turnusmäßig im See auf Lavarone-Chiesa baden gehen. Eine Begünstigung, welche unser brave, einmalige Besatzung auch zu würdigen weiß.

In den Nachmittagsstunden erhalten (wir) wieder Besuch von der rheinischen 15 cm-Haubitzbatterie. Zwei Offiziere, fünf Unteroffiziere und zwanzig Mann staunen wie deren gestrige Kameraden wieder über all das Gesehene und die Erzählung unseres Werkskommandanten über die überstandene I. Beschußperiode. Unsere rheinischen Brüder brachten heute aber allerhand trinkbare gute Sachen zur Freude unserer Kanoniere mit, die alle beteilt werden konnten. Der Rheinwein floß jedenfalls in Strömen und (es) herrschte eine kameradschaftliche, einmalige Stimmung und Verbrüderung.  

Keine Verluste.  

 

13. August 1915  

Schönes Wetter wie an den Vortagen.  

In den Nachtstunden beleuchtete dauernd ein Riesenscheinwerfer auf Campolongo unser Werk und dessen Umgebung. Der Scheinwerfer, dessen Spiegeldurchmesser auf mindestens 1,50 m geschätzt wird, dürfte in einer sehr gut maskierten Felskaverne etabliert sein, da seine Stellung auch von der Panarotta nicht aufzufinden ist.  

Auf Costesin und Marcai wird tagsüber ohne Scheu gearbeitet, was uns veranlaßt, das Brigadekommando zu bitten, mit unserer Traditorenbatterie (das) Feuer eröffnen zu dürfen. Im ganzen wurden uns 30 Schuß zugestanden. Wie die ersten Granatschrapnells auf Costesin einschlugen, verschwanden die Italiener, als wenn sie der Erdboden verschluckt hätte und ruhte jede weitere Arbeit. Ganz gleich war es auf Marcai. Auf der Tonezzastraße wurde starker Autoverkehr beobachtet. Wir verständigen Werk „Gschwent“, welches sofort mit seinen drei 10 cm-Turmhaubitzen (das) Feuer eröffnet und mit 30 Schuß, die alle einwandfrei beobachtet werden können, die Kolonne zersprengt, und (es) bleiben mehrere Lastwagen liegen. Starke Rauchentwicklung zeigt, daß wahrscheinlich Munition in Brand geraten ist, da immer wieder dumpfe Explosionen zu uns herüberschallen. So frech sind die Italiener, daß sie sich nicht scheuen, in unserem Angesicht bei Tag den Straßenverkehr aufrecht zu erhalten, in dem Bewußtsein, wir machen sowieso nichts dagegen. Leider sind uns die Hände gebunden. Wenn es auf uns Artilleristen ankommen würde, dürfte sich kein Italiener ungestraft bei Tag zeigen. Aber das Motto „Sparen mit der Munition“ schwebt wie ein Damoklesschwert über uns. Manch prächtiges Ziel mußten wir uns entgehen lassen, weil der Munitionsmangel es verbietet, (das) Feuer eröffnen zu dürfen.  

Oberst Ellison und Hauptmann Schneider (waren) heute Nachmittag bei uns im Werk. Unser Oberst eröffnet uns, daß es mit der idyllischen Ruhe auf Lavarone-Folgaria bald vorbei sein wird. Stündlich ist mit dem Beschuß als Vorbereitung zu einer großen Feindoffensive zu rechnen. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß dies morgen oder längstens übermorgen der Fall sein wird. Nun, wir haben alles getan, um Werk „Lusern“ abwehrbereit zu machen und sind in der Abwehr stärker als im Mai bei Kriegsbeginn. Unsere Betondecken werden schon etwas mehr aushalten als im Mai/Juni, denn wir haben großes Vertrauen auf die Drahtschanzkörbe, die wir in pausenloser Arbeit auf unsere Werksdecken aufgepackt haben und die einen zusätzlichen Schutz bestimmt gewähren werden.  

An den inferioren Vorpanzern der Turmhaubitzen sind „Wir“ schuldlos und können daran nichts ändern. Schuldig sind jene Herren in der VIII. Abteilung des Kriegsministeriums, die in Verkennung der Tatsachen sich zu einer solchen unzeitgemäßen und  viel zu  schwachen  Konstruktion bereit fanden, nur, um einige 100 Kronen auf Kosten des Soldaten ersparen zu können. Man müßte die Verantwortlichen während des Feindbeschusses in den Turmhaubitzraum sperren, um dort jederzeit gewärtig zu sein, von einem Vorpanzerdurchschlag überrascht zu werden, damit die Konstrukteure am eigenen Leibe verspüren, was sie mit ihrer unverantwortlichen Sparsamkeit angerichtet haben.  

Hoffentlich werden die ausbetonierten Ringgallerien auch das halten, was wir uns von ihnen erhoffen. Ein zusätzlicher Schutz wurde jedenfalls geschaffen. Mehr konnten wir nicht tun.  

Wir haben heute 500 Schuß 10 cm Haubitzgranaten und 250 Schuß 8 cm Kanonenmunition bekommen. Diese wird derzeit durch den Stollen in die Munitionskaverne gebracht, um ja bombensicher gelagert zu sein. Es ist nicht viel, was wir bekommen, aber jedenfalls besser wie nichts.  

In den Nachmittagsstunden schoß sich heute die rheinische 15 cm Haubitzbatterie auf Costesin, Marcai und Poselaro ein. Wir verfolgten alle aufmerksam das Einschießen und erwarteten jeden Augenblick, daß der Italiener mit einer 14,9 cm-Langrohrbatterie antworten wird. Aber die Batterie ist auf Cost’alta in dem dichten Wald ausgezeichnet maskiert, und es gibt bei den Abschüssen keine verräterische Rauchentwicklung, welche die Lage der Batterie dem Feind verraten würde.  

Die feindlichen Batterien verhielten sich still. Fühlt sich unser Gegner so sicher, daß er es für nicht notwendig befindet, die Batterie zu bekämpfen?  

In den Abendstunden kommt unser verehrter Brigadier, Generalmajor Edler von Verdroß, mit engstem Stab zu uns. Auch er erwartet für morgen den Offensivbeginn unseres Gegners und erwartet, daß wir wie bisher bis zum letzten Mann unsere Pflicht für Kaiser und Vaterland erfüllen werden. Er besichtigt eingehend unsere geleisteten Arbeiten und spricht uns Offizieren und der Werksbesatzung seine Anerkennung und (seinen) Dank aus. 

Keine Verluste.  

 

14. August 1915  

Schönes Wetter wie an den Vortagen. Kein Feindbeschuß. Auch die Gebirgsbatterien auf Costesin, Marcai und Poselaro verhalten sich ganz ruhig. Kein feindlicher Artillerieschuß fällt den ganzen Tag.  

Dagegen herrscht lebhafte Tätigkeit feindlicher Patrouillen  in  unserem  und der Nachbarstützpunkte Vorfeld.  

Unsere Traditorenbatterie erhielt (die) Erlaubnis, auf sich bietende Ziele 25 Schuß abgeben zu dürfen.  

Dies geschah in den Abendstunden, als zwei starke Feindpatrouillen im Planquadrat 1171 beim Stützpunkt Nr. 39 ( im Gebiet der Malga Millegrobbe, nördlich des Werkes „Lusern“)  gesichtet wurden. Durch das Feuer unserer beiden 8 cm-Minimal-schartenkanonen wurde der Gegner rasch in die Flucht geschlagen und ließ, soweit wir feststellen konnten, fünf Mann am Platze liegen

Um 9 Uhr 50 abends gellte Alarm im Werk. Eine Sprengpatrouille war bei unserm äußeren Hindernis festgestellt worden und versuchte, mit Sprengröhren das Hindernis umzulegen. Sofort feuerten, ohne erst anzufragen, alle vier Turmhaubitzen und der fixe Maschinengewehrpanzer auf den im Nachtnebel nur vermuteten Gegner. Die Turmhaubitzen gaben 20 Schuß ab. Das Hindernis war an drei Stellen gesprengt worden und wies Breschen von je 10 m Länge auf. Wir werden im Laufe der Nacht mit Schnellhindernissen die Lücken ausfüllen.  

Ab 10 Uhr nachts leuchtet der Riesenscheinwerfer auf Campolongo trotz zeitweisen Nebels die ganze Nacht hindurch auf unsere Werksdecken und die Nachbarstützpunkte. Sonst aber (ist) alles ruhig und (es) fällt kaum ein Gewehrschuß.  

Keine Verluste.  

 

15. August 1915  

Seit 6 Uhr früh ununterbrochener 28 cm-Beschuß nur in Zweierlagen. (Der) Beschuß dauert - mit einer Stunde Unterbrechung von 12 bis 1 Uhr mittags - bis 7 Uhr abends. An die 180 Schuß 28er waren uns für heute zugedacht, ein Inferno von unvorstellbarer Wucht. Soweit von den Beobachtungspanzern festgestellt werden konnte, habe wir heute an die 140 Treffer auf die Werksdecken erhalten. Das Feindfeuer war sehr genau und präzise. Alle Einschläge lagen geschlossen beisammen innerhalb der 50 % Längen- und Breitenstreuung. Die Schotterauflage in den Drahtschanzkörben hat sich, soweit heute festgestellt werden konnte, sehr gut bewährt. Durch die vielen Einschläge und Explosionen sind die Drahtschanzkörbe stellenweise stark zerrissen, aber im großen und ganzen doch erhalten geblieben. Die Wirkung gegen die eigentliche blanke Betondecke war deshalb sehr gering. Kein Durchschlag durch die Decke trotz der vielen Einschläge. Dort, wo die 28 cm Bomben die Schotterauflage durchdrangen, gibt es nur seichte Sprengtrichter von ca. 35 bis 40 cm Tiefe und kaum 1 m Durchmesser am oberen Trichterrand.  

Das Panzerwerk „Punta Corbin“ feuert mit 14,9 cm-Granaten zeitweise ebenfalls auf die Werksdecke, sonst mit Schrapnells auf die Werkstraße. (Das italienische Panzerwerk „Punta Corbin“ war zu dieser Zeit bereits desarmiert, es kann sich daher nur um eine in der Nähe des Werkes aufgestellte 14,9 cm Batterie gehandelt haben).  Die Gebirgsbatterie auf Bosco di Poselaro hält den ganzen Tag über bis in die späten Nachtstunden die Zugangswege zum Werk unter Schrapnellfeuer. Jedenfalls sind wir derzeit von der Außenwelt vollkommen abgeschlossen.  

Alle Telephonverbindungen sind jedoch intakt, ebenso die Wasserleitung. Zeitweise sind wir derart in Rauch und Qualm gehüllt gewesen, daß jede Außensicht unmöglich war und wir uns wie blind vorkamen. Die Raumluft im Werk, speziell im Parterre, war wieder sehr schlecht, zeitweise zum Ersticken, so daß ein Aufenthalt dort unmöglich wurde.  

Die beiden Nahkampfanlagen „Viaz“ und „Oberwiesen“ wurden nicht beschossen, außer einigen Weitschüssen, die in der Nähe der beiden Anlagen einschlugen.  

Der drehbare Panzerbeobachter am linken Flügel erhielt einen Streifschuß auf die Panzerkuppel, welcher die Kuppelbremse auslöste und die Panzerkuppel wie einen Kreisel durch den tangentialen Treffer einige Male herumwirbelte. Kuppel sonst ohne Schaden, bis auf eine kurze, 14 cm lange und 9 bis 10 cm tiefe Rille an der Einschlagstelle. Der fixe Maschinengewehrpanzer zwischen den Turmhaubitzen II und III erhielt einen Treffer auf die Panzerkuppel. Das Geschoß drang ca. 15 cm tief in den Panzer ein, die Geschoßspitze blieb stecken. Innen (entstand) kein Schaden, die beiden Maschinengewehre (sind) unbeschädigt.  

Eine im Kehlgraben die Kontereskarpe treffende 28 cm-Bombe gellte ab, durchschlug als Geller mit dem Bodenstück voran die Stahlblende des Fensters mit einem ca. 50 cm im Durchmesser großen Loch und detonierte im Wachlokal. Im Lokal (ist) alles zertrümmert, ein wüster Haufen. Durch die Detonation wird auch die Decke des Wachlokals nach oben durchschlagen und ein 52 kg Sprengstück hineingeschleudert. Im Wachlokal war die dort diensttuende Mannschaft, 1 Unteroffizier und acht Mann, auf der Stelle tot. In der Kasematte im Obergeschoß gab es durch das durchschlagende Bodenstück der 28 cm-Granate drei Tote und vier Schwerverletzte.  

Der Zwinger am Eingang des Werkes wurde einfach wegrasiert, und (es) liegen Teile des Gitterwerks und der Gittertür 50 bis 60 m hinter dem Werk.  

Der Vorpanzer der Turmhaubitze IV erhielt einen Treffer durch den weggeschossenen Vorbeton, der diesen durchschlug. Die ausbetonierte Ringgalerie fing jedoch die ganze Wucht der Sprengwirkung auf, so daß diese lediglich an der Einschlagstelle um 50 cm nach rückwärts geschoben wurde. (Die) Panzerkuppel läßt sich nicht heben und senken; (die) Drehfähigkeit (ist) derzeit aufgehoben. Der Vorpanzer der Turmhaubitze I wird in den Abendstunden getroffen, aber nicht durchschlagen. Die Panzerkuppel befand sich im Moment des Vorpanzertreffers gerade in gehobenem Zustand. Durch die Schockwirkung wurde die Hebevorrichtung blockiert, so daß die Kuppel nicht abgesenkt werden kann.  

Der Front- und (der) Kehlgraben (wurden) stellenweise schwer in Mitleidenschaft gezogen; (sie sind) stellenweise bis zu 1 m hoch verschüttet durch abgesprengte Fels- und Betontrümmer der Eskarpe und der Kontereskarpe.  

Unser vier 10 cm-Turmhaubitzen feuern auf alle sich bietenden Ziele, und (es) beträgt der Verbrauch an 10 cm-Haubitzmunition über 300 Schuß. Speziell eine Schildbatterie auf Monte Angaro wurde wiederholt getroffen und stellte das Feuer ein. Auch auf das Verdeck des Panzerwerks „Campolongo“ feuerten unsere 10 cm-Haubitzen Granatschrapnells, um vermutete Artilleriebeobachter dort zu vertreiben.  

Alle Vorbetons der Dreh- und Fixpanzer weisen starke Zerstörungen auf. Speziell der Vorbeton beim rechten drehbaren Beobachtungspanzer ist nahezu wegrasiert.

Ab 8 Uhr abends herrscht eine unheimliche Ruhe. kein Schuß fällt und stört die eingetretene Nachtruhe.  

Alle Mann sind beim Ausfüllen der Sprengtrichter, soweit diese durch die durcheinandergeworfenen Drahtschanzkörbe zugänglich sind.  

Heutige Verluste: 1 Unteroffizier und 12 Mann der Werksbesatzung tot, 11 Verwundete. Unsere Gefallenen müssen erst unter dem Schutt und (den) Trümmern ausgegraben (werden). Sie sind zerhackt, zerschmettert und verbrannt. Niemand kann sie mehr erkennen. Von einigen sind nur mehr Überreste vorhanden, und (die) sind mit Schotter und Staub vermengt. Unsere Totengruft füllt sich wieder mit Leichenteilen, so, wie wir sie aus dem Schutt ausgraben. Alles wird in die Metallsärge geworfen, was einmal Mensch gewesen ist, die Deckel werden zugeschraubt und in die Gruft versenkt. Wir alle trauern um die braven Kameraden, die uns allen bisher treue Helfer und einmalige Soldaten waren.  

Soldatenlos! Jeden von uns kann es in der nächsten Minute ebenso ergehen. Wir haben auch keine Zeit, darüber nachzudenken, denn die Erhaltung und Abwehr unseres Werkes läßt all das Grausige schnell vergessen.  

 

16. August 1915  

Der Feindbeschuß (ist) etwas schwächer als gestern, hält aber den ganzen Tag über bis in die Abendstunden an.  

Besonders hatte in den Vormittagsstunden der 28 cm-Beschuß unserem Glacis gegolten, wahrscheinlich in der Hoffnung, unsere Hindernisse und die Kontereskarpe des Grabens zum Einsturz zu bringen. Unser Frontgraben hat sehr schwer gelitten. Die innerste Hinderniszone ist wegrasiert. An die 100 Schuß 28 cm-Bomben wurden heute dem Werk „Lusern“ zugedacht. Einige knapp beieinander liegende Einschläge oberhalb des Abortraums im II. Stockwerk zerstören den Kordon an dieser Stelle, und (es) entsteht ein Durchschlagskrater vom 1 m Durchmesser. Im Raum (ist) alles verschüttet, Staub und beizender Qualm erfüllt die Gänge im Obergeschoß, so daß zeitweise nichts zu sehen war. Vier Tote blieben am Platz, die wir noch gar nicht aus dem Schutt und (den) Trümmern ausgraben konnten.  

Soweit wir feststellen konnten, erhielten (wir) heute an die 60 Deckentreffer; aber außer dem Durchschlag in den Abortraum blieb die Werksdecke ziemlich heil. Es fragt sich nur, wie lange deren Bestand gesichert sein wird.  

Gegen 9 Uhr abends wurde eine feindliche Patrouille in der Stärke von ca. 30 Mann am Rande der ehemaligen Kontereskarpe ausgemacht und sofort durch vortempierte Granatschrapnells unter Feuer genommen und vertrieben. In den Nachtstunden bargen wir fünf tote und zwei verwundete Italiener, die sich bis knapp an unser Werk herangewagt hatten. Sie schossen mit Gewehren auf die Scharten unserer Turmhaubitzen, wodurch zwei Kanoniere verwundet wurden.  

Unsere Verluste heute: 5 Tote und 11 Verwundete. Alles alte Leute der Lusernbesatzung, zum Großteil noch Friedensdiener, deren Ausfall wir schwer empfinden.


Der Stacheldrahtverhau auf dem Vorfeld nach einem Angriff der Italiener.
Einige der gefallenen liegen noch vor oder im Drahtverhau.

 

17. August 1915  

Seit 6 Uhr früh schwerster 28 cm-Beschuß. Das anfänglich langsame Einzelfeuer verstärkte sich ab 10 Uhr vormittags zu einem pausenlosen Zweischußlagenfeuer, welches bis in die Abendstunden anhielt. Bis 6 Uhr abends, zur Zeit der Feuereinstellung, wurden an die 150 auf Werk „Lusern“ abgegebene 28 cm-Schüsse registriert, außerdem etwa 80 Schuß 14,9 cm, welche mit Minengranaten auf die Drehpanzer und das Verdeck schossen.  

Um 10 Uhr vormittags wurde während des schweren Beschusses für alle dienstfreien Mannschaften eine kurze Feier zum Namenstag Sr. Majestät unseres Kaiser Franz Josef abgehalten, die mit einem „Hoch!“ auf Seine Majestät endete. 

Soweit festgestellt werden konnte, hat Werk „Lusern“ heute an die 110 Betontreffer erhalten. Die Auflage mit den Drahtschanzkörben hat sich dabei sehr gut bewährt. Wohl werden diese bei einer größeren Trefferanzahl auf den gleichen Punkt stark durcheinandergeworfen, zum Teil auch weggefegt, aber die Wirkung der 28 cm-Bomben ist wesentlich geringer als beim Auftreffen auf die blanken Betondecken. Es fragt sich nur, wie lange es dauern wird bei dem anhaltenden schweren Beschuß, bis die Drahtschanzkörbe nach und nach weggefegt sein werden.  

Besonders die Vorbetone der Dreh- und Fixpanzer, welche der Auflage mit den Drahts chanzkörben des Ausschusses der Waffen (wegen) entbehren, leiden wieder sehr stark unter dem Feindbeschuß. Besonders der Vorbeton beim fixen Maschinengewehr- und Beobachtungspanzer wird schwer in Mitleidenschaft gezogen, und (es) liegt der Vorpanzer stellenweise bis zum Auflagenfuß bloß. Weder die Dreh- noch (die) Fixpanzer wurden trotz der über hundert Einschläge getroffen.  

Unsere vier 10 cm-Turmhaubitzen versuchen, die 14,9 cm-Batterie bei Osteria del Termine kampfunfähig zu machen, was scheinbar teilweise gelungen ist, da die Batterie nachmittags nur mehr mit zwei Geschützen weiterfeuert. Starke Rauchentwicklung ließ einen Treffer in der Bereitschaftsmunition vermuten.  

Wir erhielten von unserem Brigadier, Generalmajor Edler von Verdroß, telephonische Belobigung für unser tapferes Ausharren im heutigen schweren Beschuß.  

Um 10 Uhr abends Alarm, da ein Feindangriff auf den Stützpunkt Basson erwartet wurde, da dieser den ganzen Tag über von den Gebirgsbatterien auf Marcai und Costesin beschossen wurde. Unser Nachbarwerk „Verle“ und wir gaben einige Lagen Granatschrapnells in das Vorfeld des Basson ab und vertrieben vortastende Feindpatrouillen, die versuchten, sich dem Basson zu nähern.  

Alle Mann (sind) derzeit im Einsatz auf der Werksdecke beim Zuschütten der vielen, allerdings nicht tiefen Sprengtrichter. Auch wird versucht, so gut wie möglich die angerichteten Betonschäden bei den Vorpanzern mit Beton auszubessern.  

Verluste heute: 3 Verwundete.

 

18. August 1915  

Feindbeschuß in gleicher Stärke wie gestern mit ca. 150 Schuß Kaliber 28 cm. Auch die 14,9 cm-Batterien unterhielten ein sehr lebhaftes Feuer auf das Werk den ganzen Tag über bis in die Nachtstunden.  

Trotz der überwältigenden Feuerintensivität wird kein Dreh- oder Fixpanzer getroffen. Auch kein Deckendurchschlag wird trotz der 80 Deckentreffer erzielt. Die Auflage der Drahtschanzkörbe ist allerdings sehr stark durcheinandergeworfen, zerzaust und zerfetzt, aber bis jetzt hat sie sich glänzend bewährt. Außer dem Zufallstreffer in die Abortanlage auch heute kein Durchschlag durch die Werksdecke. Schwer in Mitleidenschaft (gezogen) ist die Werkgrabenanlage in deren beiden Ausläufen. Stellenweise liegt der Schutt bis zwei Meter hoch durch abgesprengtes Fels- und Betonmaterial der Eskarpe und (der) Kontereskarpe.  

Durch einige Einschläge unmittelbar vor dem linken drehbaren Beobachtungspanzer ist dieser derzeit vollkommen verschüttet und nicht sichtbar. Die Panzerdecke unseres Scheinwerferhangars auf der Werksdecke wurde in den Abendstunden glatt durchschlagen, der Projektor demoliert und die sich dort aufhaltende Bedienungsmannschaft, ein Unteroffizier und sechs Mann, getötet und unter den Trümmern begraben.

Um zu erkunden, wie es in unserem Vorfeld aussieht, gehen heute Nacht zwei Patrouillen zu je acht Mann, eine von unserem Werkskommandanten geführt, nach vorn ins Niemandsland. Von den Drahthindernissen sind nur mehr Fragmente vorhanden und bilden kaum noch ein Hindernis, so daß eine Annäherung bis zu Kontereskarpe des Frontgrabens feindlicherseits jederzeit möglich ist. Wir richten an den beiden Grabenausläufen provisorische Infanteriestellungen her, die bei Nacht mit Maschinengewehren besetzt sind, um uns vor Überfällen feindlicher Sprengpatrouillen zu sichern. In den Morgenstunden werden diese wieder eingezogen.  

Am Felsstollen wird pausenlos gearbeitet, und wir hoffen, wenn alles gut geht, in ca. acht Tagen beide Stollenvortriebe zu vereinen.  

Merkwürdigerweise ist der Beschuß bei Nacht kaum der Rede wert, so daß es möglich ist, unter dem Einsatz der ganzen Werksbesatzung die notwendigsten Reparaturen auszuführen. Betonieren und Sprengtrichter zuschütten ist unsere tägliche Losung. Die Raumluft im Werk (war) heute wieder zeitweise die denkbar schlechteste. Unsere Küchenmannschaften leisten aber trotzdem Vorbildliches. In der Küche sind Temperaturen von 50 0 Celsius und mehr. Ähnlich geht es dem Bedienungspersonal unserer Kraftzentrale, das unermüdlich auf seinem Posten ausharrt, um uns mit Licht und Kraftstrom zu versorgen, damit vor allem unsere beiden Kompressoren in den Felsstollen weiterarbeiten können.  

Licht- und Stromkabel zum Wasserschloß und (zum) Pumpwerk der Wasserversorgung auf „Viaz“ (wurde) heute an drei Stellen zerschossen. Kein Wasserzufluß in die Werkszisterne. Auch die telephonische Verbindung mit dem Gruppenkommando (wurde) zweimal unterbrochen. Reparaturarbeiten (sind) derzeit im Gange.  

Verluste heute: Sechs Tote und drei Verwundete.  

 

19. August 1915  

Noch stärkerer 28 cm-Beschuß als gestern. Feuer seit 6 Uhr früh, dauernd in Zweischußlagen bis 6 Uhr abends. Die 14,9 cm-Batterie auf Osteria del Termine feuert ca. 80 Schuß auf Werk „Lusern“, aber nur mit zwei Geschützen! Scheinbar hat unser vorgestriges 10 cm-Haubitzfeuer doch Erfolg gehabt. Wenn wir nicht so mit den vorhandenen Munitionsbeständen sparen müßten, könnten wir uns besser wehren und brächten nicht immer der Amboß sein, auf welchen unser Gegner pausenlos seine wuchtigen Schläge niedersausen läßt.  

Die Eskarpe im Frontgraben unterhalb des fixen Maschinengewehrpanzers wird wiederholt an der gleichen Stelle getroffen und ein ca. 20 cbm großer Betonblock abgesprengt, der das Grabenprofil nahezu zur Hälfte einengt.  

Werk „Lusern“ erhält bis in den Abendstunden 94 Betontreffer, ohne einen Deckendurchschlag zu erzielen. Die Decke oberhalb der 8 cm-Traditorenbatterie weist einen Sprengtrichter von über 5 m Durchmesser am oberen Trichterrand auf, bei einer Tiefe von knapp 2 m. Die Drahtschanzkörbe sind an dieser Stelle weggefegt, ebenso die Kordonmauer, die gegen das Abrutschen der Schanzmauer errichtet wurde. Beide Scharten der 8 cm-Tradito-renkanonen sind total verschüttet und müssen im Laufe der Nacht freigelegt werden. Derzeit (sind) alle Mann im Einsatz auf den Werksdecken.  

Um ½ 5 Uhr nachmittags wurde der rechte drehbare Beobachtungspanzer knapp unterhalb der Ringfuge getroffen. (Das) Geschoß drang ca. 11 cm tief in den Panzer ein. Durch abgeschrägtes Panzermaterial an der Einschlagstelle (ist) die Kuppel nicht drehbar. (Der) Skodamonteur (wurde) mit der Behebung des Schadens beauftragt.  

Wieder wurden die Stromkabel zum Wasserschloß „Viaz“ heute durchschossen. (Die) Pumpen stehen deshalb still, und (es) erfolgt kein Wasserzufluß in die Werkszisterne.  

Beide Nahkampfanlagen „Viaz“ und „Oberwiesen“ wurden die Tage nicht beschossen.  

Auf direkten Befehl unseres Gruppenkommandanten feuern wir mit den 10 cm Turm-Haubitzen auf die Gebirgsbatterie auf Marcai, welche ihr Feuer einstellt. Munitionsverbrauch je 25 Granaten und Granatschrapnells. Infolge Verschüttung der Panzerscharten konnten die beiden 8 cm Minimalschartenkanonen sich am Feuerüberfall nicht beteiligen.  

Verluste heute: Vier Verwundete bei den Arbeiten am Verdeck durch einen Feuerüberfall der Marcaibatterie.  

 

20. August 1915  

Infolge unsichtigem Wetter und zeitweise starken Nebels nur schwacher 
28 cm Beschuß. Es wurden in der Zeit von 6 Uhr früh bis 11 Uhr mittags ca. 40 Schüsse Kaliber 28 cm und nur 20 Schuß Kaliber 14,9 cm auf Werk „Lusern“ abgegeben. Kein Beschuß der Gebirgsbatterien auf Marcai und Costesin.
 

Der rechte drehbare Beobachtungspanzer, der bereits gestern getroffen wurde, erhielt infolge des zerschossenen Vorbetons einen Treffer auf den Vorpanzer knapp unterhalb der Ringfuge. (Das) Geschoß schlug zwar nicht durch, aber der Panzer (ist) an der Aufschlagstelle stark eingebeult und (hat) einen ca. 11 cm langen Riß.  

Der fixe Beobachtungs- und Maschinengewehrpanzer steht auf dessen rechter Seite buchstäblich nur mehr auf seinen Ankerschrauben, da der Vorbeton abrasiert ist.  

Oberst Ellison und Hauptmann Schneider besuchten in den Nachmittagsstunden unser Werk. Infolge nahezu vollkommener Feuerstille und starken Nebels wurden die angerichteten Schäden der letzten Beschußtage eingehendst besichtigt und alles darangesetzt, beim fixen Maschinengewehrpanzer den Vorbeton halbwegs zu erneuern.  

Mit der Reparatur am drehbaren rechten Beobachtungspanzer ist der Skodamonteur beschäftigt.  

Alle vier 10 cm-Turmhaubitzen und beide 8 cm-Minimalschartenkanonen sowie alle Maschinengewehre (sind) unbeschädigt und feuerbereit.  

Die beiden 8 cm-Minimalschartenkanonen gaben um 7 Uhr abends 20 Schuß Granatschrapnells auf Costesin ab, da dort starke Bewegung festgestellt wurde.

(Das) Stromkabel zum Pumpwerk wird repariert, und die Wasserzisterne wird wieder aufgefüllt, da diese infolge des vielen Wasserbedarfs beim Betonieren nahezu zur Hälfte bereits entleert war.  

Heute keine Verluste.  

Unser Betondecken erhielten heute 12 Einschläge, ohne größeren Schade anzurichten. Der riesige Sprengtrichter oberhalb der Traditorenbatterie wurde gestern Nacht mit Sprengschutt und Beton ausgefüllt.  

 

21. August 1915  

Seit 6 Uhr früh wieder starker 28 cm-Beschuß, aber schwächer als in den vergangenen Tagen.  

Im Laufe des Tages bis 8 Uhr abends wurden ca. 100 Schuß Kaliber 28 cm auf Werk „Lusern“ abgegeben. Zeitweiser Nebel behinderte die Treffsicherheit der 28 cm-Batterie.  

Die Poterne zu Grabenstreiche erhält wahrscheinlich zwei Treffer auf der gleichen Stelle knapp neben der Eskarpe. Es erfolgt zwar kein Durchschlag, aber das Betongewölbe an der Aufschlagstelle (ist) nahezu zerbrochen. Aus der inneren Laibung ist ein Betonblock von nahezu ½ cbm herausgebrochen. Das Poternenprofil wird an der Einschlagstelle bis auf einen 80 cm breiten und 1,60 m hohen Durchgang ausbetoniert.  

In den Abendstunden Besuch unseres Brigadiers Generalmajor Edler von Verdroß mit Hauptmann Schneider.  

Werk „Lusern“ erhält heute 63 Treffer, davon 49 auf die Werksdecken. Kein Deckendurchschlag. Ca. 1/3 unserer Drahtschanzkörbe sind verschwunden, zerstäubt, zerfetzt und zerrissen. Bis jetzt haben sie uns sehr gute Dienste geleistet. Generalmajor Edler von Verdroß spricht sich sehr lobend über die Haltung unserer Werksbesatzung aus.  

Der zerstörte Abort und Waschraum im II. Stock der Kehlkaserne wurde mit Sandsäcken und Drahtschanzkörben im Bereich des Durchschlags voll ausgeschlichtet, um uns vor Durchschlägen infolge der an dieser Stelle zerstörten Betondecke in das Untergeschoß zu sichern. (Die) Wasserleitung (ist) in Ordnung. Die Nahkampfanlagen „Viaz“ und „Oberwiesen“ wurden auch heute nicht beschossen und sind völlig unbeschädigt, und deren Waffen sind voll einsatzfähig.  

Heute keine Verluste.  

Bis auf den rechten drehbaren Beobachtungspanzer sind alle 10 cm-Turmhaubitzen und die beiden 8 cm-Minimalschartenkanonen und (die) Maschinengewehre mit deren Panzerungen unbeschädigt und voll einsatzfähig.

   

22. August 1915  

Schwächerer 28 cm-Beschuß als gestern, dafür (ist) der 14,9 cm-Beschuß sehr stark. In der Zeit von 5 Uhr früh bis 8 Uhr abends wurden auf Werk „Lusern“ an die 80 Schuß Kaliber 28 cm und 180 Schuß Kaliber 14,9 cm abgegeben.  

Das Munitionsmagazin, zugänglich vom Batteriehohlgang im Batteriekomplex, wurde mindestens zehnmal getroffen, die dort aufgeschlichteten Drahtschanzkörbe zu 2/3 weggefegt und zwei Sprengtrichter von je 1,50 m bis 1,70 m Tiefe und 3 bis 4 m Durchmesser am oberen Trichterrand angerichtet. Sieben Deckenträger wurden bis auf 10 cm und mehr bleibend durchgebogen. Auch die Decke der Grabenstreiche in der Kontereskarpe wird einige Male getroffen, und (es werden) bleibende Trägerdurchbiegungen von 2 bis 4 cm hervorgerufen. Auf der Decke der Grabenstreiche (ist) ebenfalls ein Trichter von 1,5 m Tiefe und nahezu 3 m Durchmesser am oberen Trichterrand. Der Graben (ist) stellenweise bis 1,50 m hoch verschüttet. Der rechtsseitige Ausschuß der 6 cm-Minimalschartenkanone der Grabenstreiche (ist) nahezu verschüttet und reicht (der Schutt) bis knapp unterhalb der Panzerscharten. Der drehbare Panzertabernakel für den Projektor zur Grabenbeleuchtung ist durch ein Sprengstück festgeklemmt und läßt sich nicht mehr drehen, so daß im Bedarfsfalle der Graben derzeit nicht beleuchtet werden kann.  

Von den Fronthindernissen sind nur spärliche Reste mehr vorhanden. Gestern Nacht versuchte eine Bersaglieripatrouille, sich unserem Werk zu nähern, wurde aber rechtzeitig von unserem Vorposten von der Kontereskarpe erkannt und unter Feuer genommen und ließ einen Toten am Platz zurück, der von uns geborgen wurde. Es ist zwecklos, solange der Schwerbeschuß anhält, neue Hindernisse zu erstellen, da diese in kürzester Zeit wieder weggefegt sind. Es fehlen uns auch die dafür notwendigen Arbeitskräfte, da jeder Arm und Mann zum Ausbessern der vielen Sprengtrichter auf den Werksdecken notwendig ist, um nur halbwegs mit den Reparaturen nachzukommen.  

Die beiden 14,9 cm-Batterien, und zwar zwei Rohre auf Osteria del Ghertele und drei Rohre auf Osteria del Termine, feuern den ganzen Tag bis 9 Uhr abends auf unser Werk. Speziell die Kehlfront der Kehlkaserne und der Kehlgraben erhalten über 50 Treffer, deren Explosionsgase und Rauchentwicklung die Raumluft im Werksinneren verpesten. Das Untergeschoß mußte zeitweilig geräumt werden, da die Mannschaften infolge Rauchvergiftung es dort nicht mehr aushielten. Die Werkslüftung ist eine Katastrophe. Solange kein Beschuß  erfolgt, reicht sie mit Müh’ und Not zur Durchlüftung der überfüllten Kasematten knapp aus. Müssen aber während des Beschusses alle Fensterblenden geschlossen sein, wird der Aufenthalt in dem Parterre des Werkes für die dort (zum Bleiben) Verurteilten zur Qual. Sobald der Stollendurchschlag erfolgt ist, wird die neue Lüftungsanlage verlegt werden, da die dafür notwendigen Lüftungsrohre und die beiden Exhaustoren schon dafür bereitliegen. In zwei bis drei Tagen hoffen wir, daß beide Vortriebe des Felsstollens zusammentreffen werden.  

Gestern Nacht hatten (wir) drei Tote und vier Verwundete unserer Trägerkolonnen zu beklagen, die bei einem Feuerüberfall der Costesinbatterie von einer Schrapnell-Lage erwischt worden waren.  

Heute (bekamen) wir 43 Werkstreffer, davon 31 Deckentreffer. Der Beschuß galt heute hauptsächlich dem Kasemattenblock; der Batterieblock bekam nur fünf Betontreffer, davon zwei auf die Decke des Munitionsraums, zwei Treffer oberhalb des Batteriehohlgangs und einen Treffer auf die Decke knapp neben dem drehbaren Beobachtungspanzer oberhalb der Traditorenbatterie. Die wichtigsten Betonschäden konnten in den letzten Nächten beseitigt werden. Der fixe Maschinengewehrpanzer erhielt eine neue Betonvorlage, ebenso wurden der riesige Sprengtrichter oberhalb der 8 cm-Traditorenbatterie teilweise aufgefüllt und ausbetoniert. Auch die Deckenschäden der Grabenstreiche konnten ausgefüllt und teilweise ausbetoniert werden. Der Deckenschaden des Munitionsmagazins wurde nur mit Sprengschutt ausgefüllt. Das Munitionsdepot wurde in den letzten beiden Tagen vollkommen geräumt und die Verschläge der 10 cm-Haubitzmunition in der Poterne zur Grabenstreiche deponiert. Für unsere Artilleristen bedeutet die Räumung des Munitionsmagazins eine zusätzliche schwere Arbeit, da die Munition vier Stockwerke hoch aus der Poterne herangeschleppt werden muß, was an den Kräften der ohnehin übermüdeten Besatzung zehrt. Die Gefahr eines Deckendurchschlags des Munitionsdepots ist zu groß, als daß wir über 4.000 Schuß dort eingelagert lassen. Ein Treffer in diesen Munitionsstapel, und Werk „Lusern“ war einmal!

   

23. August 1915  

Seit 6 Uhr 30 früh pausenloser 28 cm-Beschuß! Auch das 14,9 cm-Langrohrfeuer (wütet) den ganzen Tag über anhaltend bis 8 Uhr abends.  

Die vierpiecige 7 cm-Gebirgsbatterie gibt über hundert Schuß Granaten auf unser 8 cm-Traditorenbatterie ab in der Hoffnung, einen Schartentreffer zu erzielen. Die Panzerscharten mußten geschlossen gehalten werden, um Rohrkopftreffer an der einen oder anderen 8 cm-Minimalschartenkanone zu verhindern. Die beiden Panzerschilde erhielten an die zwanzig Treffer, die alle beim Aufschlag zerschellten und dem 20 cm dicken Panzer nichts anhaben konnten.  

Wieder wurde der Vorbeton des fixen Maschinengewehrpanzers schwer in Mitleidenschaft gezogen. Der Vorpanzer liegt wieder nahezu bloß und ist schutzlos einem schweren Treffer ausgesetzt. Der Batteriehohlgang wird an zwei Stellen schwer in Mitleidenschaft gezogen, und es ging knapp an Durchschlägen durch das Betongewölbe vorbei. Innen fallen große Betonbrocken von der inneren Laibung ab. Mindestens zehn- bis zwölfmal werden die Turmhaubitzen Nr. I und II von 14,9 cm-Granaten getroffen, die aber alle im Aufschlag zerschellen und weiter keinen Schaden anrichten. Aber von 28 cm-Bomben wird direkt keiner unserer Dreh- und Fixpanzer getroffen. Es grenzt an ein Wunder, daß trotz der vielen Hunderten von 28 cm Schüssen in den letzten Tagen unsere Panzer von Treffern verschont geblieben sind. Alle Geschütze sind voll einsatzfähig geblieben.  

Wir bekommen heute an die 100 Schuß 28er und ca. 150 Schuß 14,9 cm zugedacht. Über 50 Treffer haben wir auszuhalten. Die Decke oberhalb der Telephonkasematte im II. Stock wird wiederholt getroffen, und (dort) biegen sich die Träger an den Auftreffstellen stellenweise bis auf 10 cm durch. Oberhalb (befindet sich) ein riesiger Sprengtrichter von mehr als 2 m Tiefe und 5 m Durchmesser. Der Werkskommandant befiehlt angesichts der drohenden Gefahr eines Durchschlags der Decke die sofortige Räumung der Telephonanlagen und Verlegung derselben in das mehr als beengte Kellergeschoß.  

Wir kommen mit den Reparaturen auf den Werksdecken nicht mehr nach. Über 100 Schuß 28er im Tag erzeugen so viele Schäden, daß man nicht mehr weiß, wo man anfangen soll, da alle gleich wichtig und vordringlich ist. Dazu mehren sich die Feuerüberfälle während der Nächte der Marcai- und Costesinbatterien täglich mehr, so daß unsere Leute zwangsweise mit den Arbeiten nicht mehr zurecht kommen, da immer wieder Arbeitspausen eingeschaltet werden müssen, bis beide Batterien sich ausgetobt haben.  

Unsere beschränkten Munitionsvorräte lassen eine wirkliche Bekämpfung dieser beiden für uns so unangenehmen Batterien leider nicht zu.  

Alle Mann sind heute auf den Werksdecken im Einsatz. Sogar unsere Trägerkolonnen müssen herangezogen werden, um vor allem die zwei gefährlichen Trichter oberhalb des Batteriehohlgangs mit Beton ausfüllen zu können. Pausenlos klirren die Betonschaufeln, um die Löcher voll zu kriegen. Da unser Betonmischer, der im II. Stock aufgestellt ist, mit dem Bedarf an Beton nicht nachkommt, sind fünf Arbeitspartien im Kehlgraben angestellt, um Beton und wieder Beton zu mischen, der dann in Kübeln von Hand zu Hand drei Stockwerke hoch gereicht wird, bis dieser in die Sprengtrichter entleert werden kann. Eine mühselige, anstrengende Arbeit. Was wir heute zusammenflicken, wird morgen an anderer Stelle wieder aufgerissen; so geht es fort, Tag und Nacht ohne Pause und Atemschöpfen.  

Hauptmann Schneider (ist) seit 7 Uhr abends im Werk (und) teilt uns mit, daß in Kürze mit einem italienischen Großangriff zu rechnen sein wird, da eine Menge Überläufer von den Vorbereitungen drüben berichteten. Aber wir erkennen von unseren Beobachtungspanzern aus selbst, daß sich ein neues Ungewitter zusammenbraut, denn täglich steigen mehr Rauchsäulen aus den vor uns liegenden Wäldern auf, die zeigen, daß neue Truppenverbände beim Feind eingelangt sind, die nur für einen beabsichtigten Großangriff zusammengezogen werden. Aber die sichersten Gewährsmänner sind immer die Überläufer, die jedem italienischen Angriff vorangehen. Einige wollen wissen, daß neue Riesenkaliber bereitgestellt sind, die uns bald den Garaus machen werden.  

Für uns heißt es warten und nochmals warten. Wir können dagegen nichts tun und müssen fatalistisch die Ereignisse an uns herankommen lassen. Aber wir werden uns wehren bis zum letzten Mann und bis zur letzten Patrone. Ein heißer Empfang ist unserem Gegner gewiß.  

Heute zwei Tote und drei Verwundete.

 

24. August 1915  

Heute (haben wir) einen schicksalsschweren Tag überstanden!  

Seit 6 Uhr früh pausenloser Beschuß mit 28 cm-Kalibern, welcher bis ½ 11 Uhr andauerte. Dann verlegte der Feind schlagartig sein Feuer auf die beiden Nahkampfanlagen „Viaz“ und „Oberwiesen“, diese in Rauch und Qualm hüllend.  

Wir konnten uns anfänglich die neue Taktik unseres Gegners gar nicht recht erklären, uns völlig ungeschoren zu lassen.  

Es war Punkt 11 Uhr, als unsere Nerven und Ohren etwas Grauenhaftes erschütterte. Wir hören zum ersten Mal den Abschuß eines neuen, uns noch nicht bekannten Geschützes aus der Gegend des Monte Paradisio. 
( Es handelte sich um kein neu in Erscheinung getretenes Geschütz. Die aus zwei Geschützen bestehende italienische 30,5 cm-Haubitzbatterie, die seit dem 15. August 1915 ausschließlich das Werk „Verle“ beschossen und schwer beschädigt hatte, bezog nur von nun ab auch das Werk „Lusern“ in ihren Feuerbereich ein).
 Dann heult es mit unerhörter Heftigkeit heran. Die Wucht der nachfolgenden Explosion mit unheimlichem Dröhnen läßt unsere Trommelfelle nahezu bersten und das Werk „Lusern“ in seinen Grundfesten erzittern. Ein großkalibriges Geschoß; der erste Treffer schlägt unmittelbar vor der Kontereskarpe ein und hüllt alles sekundenlang in undurchsichtigen Qualm und Rauch. Ein Blick aus der Panzerbeobachtungsscharte zeigt uns, daß auch bei unserem Nachbarwerk zur Linken, Werk „Verle“, eine turmhohe schwarze Rauchsäule, einer Pinie gleich, sich auf dessen Kasemattblock erhebt. Und gleich darauf
(erfolgt)
der nächste Einschlag, nahezu auf der gleichen Stelle wie der erste.
 

Und dann ging es Einschlag auf Einschlag. Immer näher rückten die Einschläge, jetzt im Graben, wanderten weiter auf den Batterie- und den Kasemattblock. Das war keine von den uns altvertrauten 28 cm-Bomben, die uns bisher so viel Schrecken und Not bereitet hatten. Das war ein uns bisher unbekanntes Kaliber, von welchem die Überläufer nur zu oft berichtet hatten und an das wir nicht glauben wollten. Eine zweipiecige Batterie, deren Lage noch nicht erkundet war, hatte den Kampf mit uns aufgenommen.  

Die Decke des Zimmers des Werkskommandanten im II. Stock wird getroffen; zwar nicht durchschlagen, aber die Traversen werden durchgebogen, so daß schleunigstes Abstützen notwendig ist. Gleich darauf wird die geräumte Telephonkasematte im II. Stock getroffen, glatt durchschlagen (es war nicht möglich gewesen, den bereits vorhandenen Sprengtrichter auszufüllen), und der in der Kasematte schlafende Leutnant Söllner von Prankenstein wird von den nachrutschenden Schutt- und Betontrümmern begraben.  

Im linken Beobachtungspanzer versieht Fähnrich Felix Schwefel seinen Dienst als Artilleriebeobachter. Ein Einschlag unmittelbar neben dem Drehpanzer sendet Splitter durch die Beobachtungsscharte in das Kuppelinnere und tötet diesen sowie zwei Telephonisten.  

Der Vorpanzer der Turmhaubitze Nr. III wird getroffen, die Auftreffwucht des Geschosses allerdings durch den Vorbeton verringert, aber dieser trotzdem durchschlagen. Zum Glück fing die ausbetonierte Ringgallerie die ganze Sprengwirkung auf, so daß im Kuppelraum außer vier Verwundeten und Beschädigung der Unterlafette der 10 cm-Haubitze nicht viel passierte. Aber wir fanden die unversehrte Geschoßspitze, aus welcher wir sofort das neue Kaliber mit 30,5 cm feststellten. Die Panzerkuppel steht fest und läßt sich nicht mehr drehen.

Alle sechs Minuten heulen zwei dieser Riesenkoffer heran, schmettern in den Beton und reißen riesige Sprengkrater auf, wo sie auf blanken Beton treffen. Dort, wo noch die Drahtschanzkörbe vorhanden sind, erweist sich die Wirkung als verhältnismäßig gering. Wohl wird die 1,50 m hohe Schotterschicht durchfahren, aber auch hier wird die Auftreffgeschwindigkeit so stark abgebremst, daß nur geringe Eindringung in den eigentlichen Deckenbeton erfolgt, was Sprengtrichter von 70 bis 80 cm Tiefe ergibt. Aber wie lange werden die Drahtschanzkörbe der unvorstellbaren Wucht der 30,5 cm-Explosionen standhalten, bis auch diese wegrasiert und weggefegt sein werden?  

Wir können nichts tun als warten und rauchen! Pausenlos geht es auf uns nieder. Nicht einmal die sonst übliche Mittagspause wird heute von den Italienern eingehalten. Unser Werkskommandant läßt alle Panzerobjekte räumen, da wir ja derzeit überhaupt nichts sehen und nicht wissen, was rings um uns vorgeht. Manchmal feuert die 30,5 cm-Batterie Zweischußlagen, die, wenn der Kasemattblock getroffen wird, unheimliche Erschütterungen auslösen. Jeden Augenblick glaubt man, daß unser Werk auseinanderfallen wird. Dabei geht es aber pausenlos auf „Viaz“ und „Oberwiesen“ mit 28ern nieder. Warten und nichts tun können ist fürchterlich. Auch unser braven Artilleristen haben bleiche Gesichter, aber von einer Panik ist nichts zu bemerken. Wir Offiziere sind bei unseren Leuten, sprechen ihnen Mut zu und unterhalten uns mit ihnen. Das wirk Wunder. Jeder fühlt, daß wir eine Schicksalsgemeinschaft sind und ein eventuelles Verderben vor niemandem, auch vor unserem Werkskommandanten und uns Offizieren, Halt machen wird.  

Gegen zwei Uhr wird das Feuer der 30,5 cm-Haubitzen ungenauer. Viele Weitschüsse (gehen) in unser Kehlhindernis und den linken Auslaufgraben. Trotz der unvorstellbaren Wucht der 30,5 cm-Einschläge erfolgt außer dem Durchschlag in der Telephonkasematte kein weiterer Deckendurchschlag. Oberst Ellison ruft alle Stunden an und erkundigt sich, wie es uns geht und ob wir noch leben. Wir beruhigen ihn und sagen ihm, daß wir uns bereits an das neue Kaliber gewöhnt haben und hoffen, auch die zu überstehen.  

Gegen 5 Uhr nachmittags wird höchste Alarmbereitschaft angeordnet, da alle Anzeichen dafür sprechen, daß ein Großangriff unmittelbar bevorsteht. Unser Hintergelände wird ebenfalls pausenlos von der 14,9 cm-Batterie und der Gebirgsbatterie auf Costesin unter Feuer gehalten. Auch die links und rechts vom Werk liegenden Infanteriestützpunkte liegen unter (dem) Feuer von Feld- und Gebirgsbatterien.  

Trotz des starken 28 cm-Beschusses unserer beiden Nahkampfwerke „Viaz“ und „Oberwiesen“ haben diese kaum gelitten. Außer einigen Betontreffern und Naheinschlägen sind keine besonderen Schäden entstanden. Die Feindbeobachtung mußte jedenfalls durch die Rauch- und Qualmentwicklung sehr gelitten haben; denn sonst ist das schlechte Trefferergebnis anders nicht zu erklären.  

Gegen 7 Uhr abends wird der Beschuß eingestellt.  

Das Resümee des heutigen Tages:         ca. 80 Schuß Kaliber 30,5 cm

                                                                     180 Schuß Kaliber 28 cm

                                                                     100 Schuß Kaliber 14,9 cm

 

Die Beschußzahlen der Costesinbatterie (wurden) nur annähernd ermittelt mit ca. 700 bis 800 Schuß 7 cm-Kaliber.

Verluste:    2 Offiziere tot (Fähnrich zu den Offizieren gerechnet);

                   2 Unteroffiziere gefallen;

                   9 Mann gefallen, davon 6 Landsturmarbeiter;

                   1 Unteroffizier verwundet;

                11 Mann verwundet, davon 6 Landsturmarbeiter.

 

 

Lusern um 5 Uhr früh, den 25. August 1915  

Der erwartete Angriff setzte gegen 10 Uhr abends im Raum Werk „Verle“ - Cima di Vezzena - Basson ein.  

Das Feindfeuer auf den genannten Angriffsraum wurde gegen ½ 10 Uhr abends eingestellt, was dem längst erwarteten Angriff Gewißheit gab. Unser Gegner hatte sonderbare Methoden, indem er seine Angriffe immer durch vorhergehende Feuereinstellung bis zu einer halben Stunde und mehr rechtzeitig ankündigte.  

Unser Artillerie war auf Posten. Wir feuerten mit unseren 10 cm-Turmhaubitzen und den beiden 8 cm-Minimalschartenkanonen des Traditors in den Raum von „Verle“ und Basson, was die Rohre zeitweise hergeben konnten. Auch Werk „Gschwent“, noch völlig unbeschädigt, beteiligte sich mit seinen drei Turmhaubitzen am Abwehrkampf.  

Alle Feindangriffe wurden restlos abgewiesen oder scheiterten im Abwehr- und Sperrfeuer der Werksartillerien. Der am heißesten umkämpfte Basson, welcher vorübergehend teilweise in die Hände des Gegners gefallen war, eroberte unser einmaliger Gruppenkommandant Oberst Ellison mit nur wenigen Herren seines Stabes zurück. Ein einmaliges Ereignis in der Kriegsgeschichte, das sich wie ein Lauffeuer auf der ganzen Front verbreitete.  

Hochachtung, unbegrenzte Hochachtung diesem Mann, dem es dank deiner unbeugsamen Energie und (seinem) Mut gelungen war, die Hochfläche Lavarone vor dem sicheren Verlust zu retten, was unheilvolle Folgen gezeitigt hätte.  

Unser Munitionsverbrauch war auch dementsprechend. Die 10 cm Haubitzbatterie hatte 1.780 Schuß, die 8 cm-Kanonenbatterie 1.083 Schuß verbraucht. Pro Geschütz verblieben uns kaum noch 30 bis 40 Schuß als eiserner Bestand.  

 

25. August 1915  

Seit 7 Uhr früh Vergeltungsfeuer für das Mißlingen des Angriffs von gestern Nacht.  

Der Feind wechselt mit dem Beschuß seiner Schwerkaliber zeitweise ab. Einmal 30,5 cm-Beschuß, darauf 28 cm-Beschuß. ein Inferno unvorstellbaren Ausmaßes. Wir sind blind und taub.  

Der Feindbeschuß dauerte bis 8 Uhr abends, aber wir leben noch, und Werk „Lusern“ ist wohl äußerlich ein Trümmerhaufen, aber in seinem Inneren leben Männer, die bereit sind, nicht aufzugeben, mag kommen, was mag.

Ca 100 Schuß Kaliber 30,5 cm und ca. 180 Schuß Kaliber 28 cm nebst ca. 150 Schuß Kaliber 14,9 cm. Von den 28ern kommen ca. 80 Schuß auf das Konto der beiden Nahkampfanlagen „Viaz“ und „Oberwiesen“. Alle schweren Batterien feuerten nur Zweierlagen, ohne Unterbrechung bis 8 Uhr abends.  

Der Verdecksaufgang wurde restlos demoliert und die Panzerkalotte glatt durchschlagen. Die nachrutschenden Schutt- und Betontrümmer verlegten zum Teil den Batterieverbindungsgang, der während des stärksten Beschusses freigelegt werden mußte.  

Ein weiterer Durchschlag erfolgte im Stiegenhaus zum II. Stockwerk. Über 10 cbm Schutt bedeckten den Stiegenaufgang, in welchen das Tageslicht fiel. Beizender Rauch und Qualm erfüllten das ganze Werksinnere nach dem Durchschlag. Sieben Mann wurden verschüttet und waren auf der Stelle tot. Der ausgeschlichtete Abort- und Waschraum wurde zweimal getroffen; die Deckenträger hängen dort bis zum Fußboden herab. Die Kehlmauer wurde durch die Detonationswucht eingedrückt, und es ist dort ein 5 qm großes Loch entstanden.  

Die Kasematte Nr. 48 im II. Stock wird glatt durchschlagen, die dort schlafenden 21 Landsturmarbeiter (werden) unter den Schuttmassen begraben. Die Decke des geräumten Munitionsraums wird dreimal durchschlagen; dort hängen die zerrissenen Träger bis zum Fußboden herab. Der Munitionsraum (ist) halb verschüttet. Das Einschußloch hat einen Durchmesser von 2,5 m. Alle Türen und Fenster werden durch den Luftdruck der Innendetonationen aus den Angeln gerissen. Undurchdringliche Staubwolken, vermischt mit Rauch und Explosionsgasen, durchziehen alle Gänge und Stiegen des Werkes.  

Die Decke der Grabenflankierung wird einige Male getroffen, was ebenfalls starke Trägerdurchbiegungen zur Folge hat. Der Werksgraben ist stellenweise und mehr (als) 2 m hoch verschüttet. Die Grabengeschütze und Maschinengewehre haben keinen Ausschuß mehr.  

Der linke drehbare Beobachtungspanzer erhält einen 28 cm-Treffer als Streifschuß auf die Panzerkuppel und einen Vorpanzertreffer, der zwar nicht durchschlägt, aber eine starke Einbeulung an der Auftreffstelle hervorruft, so daß die Panzerkuppel sich nicht mehr drehen läßt.  

Die Eskarpe im linken Grabenauslauf ist nur mehr eine schräge Schutthalde, die bis zum Fuß der Kontereskarpe reicht.  

Die Panzer der Turmhaubitzen wurden, obwohl deren Vorbeton kaum existiert, nicht getroffen!  

Der 28 cm-Beschuß auf die beiden Nahkampfanlagen „Viaz“ und „Oberwiesen“ war wieder kaum der Rede wert. Je drei Betontreffer auf jedem Nahkampfwerk, außer Sprengtrichtern ohne Schaden. Allerdings gab es viele Nahtreffer bei den beiden Objekten.  

Die Wasserleitung wurde an zwei Stellen unterbrochen; deren Schadensbehebung ist noch nicht erfolgt.  

Seit 10 Uhr abends versuchen wir, Munition so viel wie möglich in das Werk zu schaffen, um die gelichteten Bestände aufzufüllen. Alles muß herangetragen werden (ca. 900 m), und es sind über 100 Mann damit im Einsatz. Die Verpflegung kommt erst in zweiter Linie.

Unsere Werksdecken sehen grauenhaft aus. Von der ehemaligen Schlichtung der Drahtschanzkörbe ist kaum noch 1/3 mehr vorhanden. Unsere Werksdecke gleicht einer Schottergrube. Wo man da zuerst anfangen soll, Trichter zu verschütten? Unvorstellbar ist die Wirkung der 30,5 cm-Granaten. Aus den aufgefundenen Blindgängern stellen wir fest, daß so ein Geschoß 1,20 m lang ist, gefüllt mit 50 kg Perdyt.  

Unsere heutigen Verluste sind die schwersten seit Kriegsbeginn. Wir haben 36 Tote zu beklagen! Der gefallene Leutnant Sölner von Prankenstein konnte aus der verschütteten Telephonkasematte noch nicht geborgen werden. Wohin mit den vielen Toten? Ein Abtransport ist derzeit nicht möglich. Wir müssen froh sein, die 21 Verwundeten abtransportieren zu können. Unsere Totengruft ist restlos angefüllt. In manchen der Särge liegen drei Mann oder Fragmente (von dem), was einmal ein Mensch war, so, wie wir sie unter dem Schutt ausgraben, mit und ohne Gliedmaßen, die meisten von ihnen unkenntlich.  

Nach der Beobachtung vom Posten Cost’alta (Gruppenkommando) sollen wir an die 160 Treffer erhalten haben. Bis auf kleine Flächen, die von Treffern bis heute verschont geblieben waren, ist die Werksdecke ein einziger Treffer mit Trichtern bis zu 2 m Tiefe und mehr.  

 

26. August 1915  

Der 30,5 cm-Beschuß (erfolgt) in gleicher Stärke wie gestern. Der 28 cm Beschuß dagegen (ist) wesentlich schwächer. Der 14,9 cm-Beschuß (erfolgt) nur auf die Zugangswege zum Werk.  

Der 28 cm-Beschuß (liegt) nur auf „Viaz“ und „Oberwiesen“, mit gleich schlechten Trefferergebnissen wie gestern. Der fixe Maschinengewehrpanzer auf „Viaz“ erhält einen 28 cm-Streifschuß auf die Panzerkuppel, ohne weiteren Schaden anzurichten. Lediglich ein Rille von 16 cm Länge und 3 bis 7 cm Tiefe (ist zu sehen). Der Vorbeton wird zweimal getroffen und viel Beton abgeräumt. Sonst erhält „Viaz“ auf die Decke vier, „Oberwiesen“ fünf Treffer, ohne weiteren Schaden außer Sprengtrichtern zu hinterlassen.  

Im Werk „Lusern“ erhält der Bereitschaftsraum mindestens drei Deckentreffer, wovon einer durchschlägt, sieben Träger aus ihrer Auflage reißt und den Raum nahezu vollkommen verschüttet. Das Einschußloch hat 2 m Durchmesser! Im Bereitschaftsraum wurden drei Artilleristen, die sich dort aufhielten, verschüttet und konnten noch nicht geborgen werden.  

Der rechte drehbare Beobachtungspanzer erhält einen 30,5 cm-Treffer auf die Ringfuge, wobei das 30,5 cm-Geschoß unmittelbar neben dem Panzer zur Detonation kommt. (Die) Panzerkuppel (ist) vollkommen verklemmt und ca. 3 cm angehoben; (sie) läßt sich nicht  mehr drehen. Das Maschinengewehr wurde dabei demoliert. In der zur Zeit des Treffers besetzten Panzerkuppel (wurden) ein Fähnrich und 1 Telephonist verwundet.  

Die Panzerkuppel der Turmhaubitze Nr. II erhielt auf deren Zenit einen leichten Streifschuß, der das 30,5 cm-Geschoß so aus der Flugbahn brachte, daß es mit dem ogivalen (spitzbogigen) Geschoßteil auf die Panzerkalotte des Stiegenaufgangs aufschlug, dortselbst detonierte und die Panzerkalotte nach innen ca. 10 cm tief einbeulte. Sonst entstand kein Schaden am Panzerobjekt.  

Der Stollenvortrieb dürfte in zwei bis drei Tagen beiderseits durchbrochen sein.  

Werk „Lusern“ hat heute mindestens 50 Betontreffer erhalten. Die italienischen 30,5 cm-Haubitzen haben eine unheimliche Präzision bei sehr geringer Längen- und Breitenstreuung.  

Die Wasserleitung konnte noch nicht repariert werden, da diese heute wieder an drei Stellen durch den 28 cm-Beschuß unterbrochen wurde.  

Auch die telephonische Verbindung mit dem Gruppenkommando und Werk „Verle“ ist unterbrochen; (es) dürfte das Panzerkabel wieder zerschossen sein. Die Blinkstationen dagegen sind unbeschädigt.  

Gestern Nacht konnten (wir) 458 Schuß 10 cm-Haubitzmunition und 
606 Schuß 8 cm-Munition in das Werk schaffen, und diesmal ging es ohne Verluste zu beklagen ab.
 

Verluste heute:      Verwundete                1 Fähnrich

                                                                  7 Mann

                               Tote                            4 Mann  

 

27. August 1915  

Wesentlich schwächerer Beschuß mit 30,5 cm-Kalibern als gestern. 
Ca. 50 Schuß Kaliber 30,5 cm wurden auf Werk „Lusern“ abgegeben, auf beide Nahkampfanlagen „Viaz“ und „Oberwiesen“ ca. 50 Schuß Kaliber 28 cm. Der 14,9 cm-Beschuß
(erfolgte) auf die Werksdecke des Werks „Lusern“ und auf die Zugangswege.
 

Infolge zeitweise schlechter Sicht (war) das 30,5 cm-Feuer nicht so genau wie gestern. Der 30,5 cm-Beschuß erzielte 32 Werkstreffer, davon 21 Einschläge auf der Werksdecke.  

(Die) Drehpanzer der 10 cm-Turmhaubitzen (sind) alle unbeschädigt geblieben. Die Turmhaubitze Nr. II (ist) wieder repariert und voll einsatzfähig.  

Deckendurchschläge: Keine  

Der Felsstollen wurde heute Nacht um 11 Uhr durchbrochen und die Verbindung hergestellt. Es ist noch der Stollen auf das volle Profil auszubrechen, und dann kann der ganze Werksverkehr durch diesen erfolgen. In der Felskaverne für die Lüftermaschinen sind diese bereits in Montage und (sind) noch die Rohrleitungen im Felsstollen zu verlegen.

Heute Nacht wieder Munitionierung der Werksbestände. Über 100 Mann (wurden) dazu abgestellt. Bis 12 Uhr nachts konnten 770 Schuß 10 cm-Munition und 330 Schuß 8 cm-Munition in das Werk geschafft werden.  

Alle Verwundeten sind abgeschoben und auf den Hilfsplatz auf Monte Rover überführt worden.  

Pausenlose Ausbesserungsarbeiten auf dem Verdeck. Alle Kasematten, wie Nr. 48 und die Telephonkasematte, wurden mit Drahtschanzkörben voll ausgeschlichtet, um Durchschläge in das Untergeschoß zu verhindern. Das Durchschlagloch im Stiegenhaus wurde gestern Nacht ausbetoniert, Wasserleitung und Telephonkabel wieder repariert.  

Heute keine Verluste.  

Wir haben uns alle bereits an den 30,5 cm-Beschuß gewöhnt und sind die anfänglichen Schrecken schon wieder gewöhnt, und (es) bringt uns nichts mehr aus der Ruhe. (Die) Stimmung der Besatzung (ist) einmalig gut.  

 

28. August 1915  

Wieder schwerer 30,5 cm-Beschuß in Zweierschußlagen, den ganzen Tag anhaltend. Infolge zeitweisen Nebels (ist) das Feuer nicht sehr genau. Die 28 cm Batterie gab 30 Schuß wieder auf beide Nahkampfanlagen, ohne einen Treffer zu erzielen, ab. (Die) Wasserleitung dagegen (ist) wieder an zwei Stellen unterbrochen.  

Heute erhält Werk „Lusern“ nur 29 Deckentreffer, ohne einen Durchschlag zu erzielen. Dagegen fallen über 40 Schuß in den Werksgraben, der diese Bezeichnung nicht mehr verdient, da er kein Hindernis mehr bietet. An die drei und vier Meter hoch ist stellenweise das Grabenprofil mit Fels- und Betontrümmern ausgefüllt. Eskarpe und Kontereskarpe sind nur mehr schräge Schutthalden. Vom Werkshindernis in der Front ist nichts mehr zu sehen; es ist restlos vernichtet.  

Der Vorpanzer der Turmhaubitze Nr. II erhält einen 30,5 cm-Panzerdurchschlag. Das Geschoß detoniert im Durchschlag, aber die Wirkung war trotzdem eine gewaltige, obwohl die ausbetonierte Ringgallerie, die ebenfalls durchbrochen wurde, viel zur Abschwächung beitrug. Die Panzerkuppel wurde verschoben, die Ober- und die Unterlafette stark beschädigt. Beim Haubitzrohr wurde das Verschlußstück deformiert und muß dafür erst bei Skoda neu angefertigt werden. Der Skodamonteur erklärt mir, daß bei den gegenwärtigen Verhältnissen eine Reparatur des Panzers nicht zu machen ist. Da das Geschütz zur Zeit des Durchschlags nicht besetzt war, entstanden keine Verluste.  

Heutige Verluste: 3 Landsturmarbeiter (wurden) verwundet beim Munitionstransport während der Nacht.  

Die ganze Nacht wurden unsere Ausbesserungsarbeiten nicht gestört und erfolgte kein Feuerüberfall. Wahrscheinlich hält uns der Italiener bereits für restlos erledigt.

 

29. August 1915  

Infolge Regens und starken Nebels kein Feindbeschuß. Auch die 14,9 cm-Batterie und die Costesin- und Marcaibatterien verhalten sich vollkommen ruhig.  

Wir benützen den schußtoten Tag und den zeitweise dichten Nebel, um auf den Werksdecken die riesigen Sprengtrichter zuzuschütten, da an ein Ausbetonieren nicht zu denken ist. Wir haben infolge der vielen Ausfälle in den letzten Tagen so starke Verluste erlitten, daß es uns an genügenden Arbeitskräften fehlt, um Zement in das Werk heranschaffen zu können. Ersatzmannschaften sind derzeit keine verfügbar, wie uns das Gruppenkommando trotz aller Vorstellungen bekanntgibt.  

(Die) Wasserleitung (ist) wieder repariert. Der drehbare Panzerbeobachter (ist) wieder verwendbar.  

Heute keine Verluste.  

 

30. August 1915  

Wieder starker 30,5 cm-Beschuß mit 80 Schuß auf unser Werk. Ca. 40 Schuß Kaliber 28 cm auf die Nahkampfanlagen „Viaz“ und „Oberwiesen“. Dort nur drei Betontreffer, ohne weiteren Schaden anzurichten.  

Werk „Lusern“ selbst erhält ca. 30 Deckentreffer, aber keinen Durchschlag. Wir haben heute in den Abendstunden sieben Blindgänger der 30,5 cm-Bomben auf der Werksdecke geborgen. Schwer wurde der Kehlgraben durch viele Weitschüsse in Mitleidenschaft gezogen. Stellenweise liegen der Schutt und die Felstrümmer bis zu den Kehlfenstern hoch. Ein Weitschuß detonierte 10 m vom Stolleneingang (entfernt), ohne Schaden anzurichten. Unsere Munitionierung ist nur zum Teil beendet. Pro Haubitze haben (wir) jetzt ca. 300 Schuß, für die 8 cm-Minimalschartenkanonen pro Geschütz 400 Schuß vorrätig. Neue Munition (ist) erst in 14 Tagen wieder zu haben  

Die Turmhaubitze Nr. II erhält gegen Abend einen Nahtreffer, und (es) verkeilt sich ein ca. 20 kg schweres Sprengstück in der Auflage der Panzerkuppel, so daß diese sich nicht heben und drehen läßt. (Der) Skodamonteur verspricht, den Schaden bis morgen Abend zu beheben.  

Verluste heute:      2 Mann verwundet (Landsturmarbeiter).

   

31. August 1915  

Schwerer 30,5 cm- und 28 cm-Beschuß von 5 Uhr früh bis 8 Uhr abends, ohne Mittagspause. Es werden ca. 100 Schuß Kaliber 30,5 cm und ca. 50 Schuß Kaliber 28 cm auf Werk „Lusern“ abgegeben. Die Panzerbatterie „Punta Corbin“ feuert an die 80 Schuß 14,9 cm in die Kehlfront des Werkes und auf die nicht mehr existierende Zufahrtsstraße des Werkes.  

War das schwere Feuer infolge leichten Morgennebels in den frühen Morgenstunden ungenau, so besserten sich die Beschußverhältnisse zusehends mit der späteren verbesserten Sicht. Ab 10 Uhr vormittags feuerten die 30,5 cm- und die 28 cm-Batterien nur Zweischußlagen, die im späteren Tagesverlauf schwerste Schäden anrichteten. Der 31. August ist für unser zerschossenes Werk ein wahrer schwarzer Tag gewesen.  

Unsere 10 cm-Turmhaubitzenbatterie wurde nahezu zur Gänze außer Gefecht gesetzt und erledigt. Bei der Turmhaubitze Nr. III wurde der ganze Vorbeton in deren Front weggeschossen und bildet dort eine schräge Schutthalde in den Frontgraben, die bis zum Fuß der Kontereskarpe reicht. Der Vorpanzer in der Front steht nur mehr auf den Ankerschrauben. Ein um die Mittagszeit erfolgter Kuppeltreffer, wahrscheinlich von einer 30,5 cm-Bombe herrührend, erschütterte den Drehpanzer, der seiner stabilen Unterlage um diese Zeit bereits beraubt war, derartig, daß sich die Panzerkuppel weder drehen noch heben läßt. Durch die Auftreffwucht des Treffers hat sich ein der Betonunterlage beraubtes Segment des Vorpanzers etwas gesenkt, weshalb der Drehmechanismus klemmt und die Panzerkuppel derzeit immobil ist. Der Skodamonteur erklärt mir, daß er während einer schußtoten Zeit versuchen wird, mit dem Hebezeug den Vorpanzer zu heben. Ob es glücken wird, kann er nicht versprechen.  

Die Turmhaubitze Nr. IV erhält knapp vor Mittag einen 30,5 cm-Treffer auf den bloßliegenden Vorpanzer, knapp unterhalb der Ringfuge, der zwar nicht durchschlägt, aber einen durchgehenden Riß bis zum Auflagefuß des Vorpanzers erzeugt. Die ausbetonierte Ringgallerie fängt zum Großteil die ganze Schockwirkung auf, so daß im Turmschacht nur Betonbrocken sich von diesem lösen und nur unbedeutende Beschädigungen an der Ober- und Unterlafette entstehen. Da sich der Riß im Vorpanzer durch Nahtreffer bei der Turmhaubitze auf ca. 4 cm erweitert, senkt sich auch die Panzerkuppel auf der Auftreffstelle ca. 5 cm nach abwärts und fällt als Drehpanzer endgültig aus. Dazu erklärt der Skodamonteur, daß bei den gegenwärtigen Verhältnissen eine Reparatur unmöglich ist, da die Panzerkuppel abgehoben werden muß, um den Vorpanzer zusammenflicken zu können. Das Haubitzrohr ist unbeschädigt.  

Gegen 3 Uhr nachmittags erhält die Turmhaubitze (Nr.) I einen 30,5 cm-Treffer unterhalb des bloßliegenden Vorpanzers, welcher die ausbetonierte Ringgallerie glatt durchschlägt und im Turmschacht zur Explosion kommt. Die Panzerkuppel selbst wird dabei aus deren Verankerung gerissen, hochgehoben und rutscht verkehrt auf der schrägen, in den Graben führenden Schutthalde in denselben ab. Dabei kann man noch von einem Glück sagen, daß die im Turmschacht gestapelten Bereitschaftsgeschosse (40 Schuß) nicht detonierten und die Kartuschen nicht abbrannten. Die Ober- und die Unterlafette der 10 cm-Haubitze wurden stark beschädigt, das Haubitzrohr selbst am Verschlußstück eingerissen und ist derzeit unbrauchbar.  

Alle drei Drehpanzer waren zum Glück nicht besetzt, so daß keine Menschenverluste entstanden. Die Zugänge zu den Turmhaubitzen wurden vorläufig mit Sandsäcken verschlichtet.  

Nach der Innenexplosion im Turmschacht der Turmhaubitze Nr. I waren der Batteriehohlgang und das Obergeschoß des Kasemattblocks von dichtem schwarzen Qualm und (von) Sprenggasen angefüllt, so daß es erst nach einer Stunde möglich war, die verheerenden Beschädigungen in Augenschein zu nehmen. Wir haben jetzt nur noch eine 10 cm-Turmhaubitze verwendbar. Aber wie lange? Bei dem Feuerorkan und den stündlich sich mehrenden Schäden ist an Reparaturen kaum mehr zu denken.

Knapp vor 7 Uhr abends, mit den letzten auf Werk „Lusern“ abgegebenen Schüssen, erhält die der Betonauflage entblößte Panzerkalotte des Stiegenaufgangs der Turmhaubitze Nr. III an deren Stoß- und Überlappungsstelle einen 28 cm-Treffer. Die an dieser Stelle ca. 140 mm dicke Panzerplatte wird glatt durchschlagen; die 28 cm-Granate detoniert während des Panzerdurchschlags. Durch die Wucht der Explosion wird die Panzerkalotte im unteren Teil aufgerissen und in der ganzen Breite der Bedachung des Stiegenzuganges in einer Länge von 1,35 m nach oben mit scharf ausgezackten Rändern abgebogen. Eine unregelmäßige Öffnung, durch welche das Tageslicht in den Turmschacht fällt, wird dadurch hervorgerufen, und diese Öffnung umfaßt ca. 1,4 qm.  

Zum Glück wurde der größte Teil der Explosionswucht beim Zerreißen der Panzerkalotte verbraucht, so daß im Geschützbrunnen selbst nur wenig Schaden angerichtet wurde. Die völlig unversehrte, sehr schlanke Geschoßspitze der 28 cm-Granate steckte im Betonpodest der Unterlafette der 10 cm-Turmhaubitze und war in dieses noch 31 cm tief eingedrungen. Durch die Splitterwirkung der Granate wurden die Ober- und Unterlafette der Haubitze geringfügig havariert. Das 10 cm-Haubitzrohr blieb aber völlig unbeschädigt. Auch hier kann man noch von Glück sagen, daß die im Turmschacht gelagerten 40 Schuß Bereitschaftsmunition nicht detonierten, obwohl neun Granatschrapnells mit ihren Kartuschen aus deren Geschoßhalterungen gerissen wurden und dort verstreut herumlagen. Deren Explosion hätte jedenfalls verheerende Folgen haben können. Da der Geschützstand zur Zeit des Kalottendurchschlags nicht besetzt war, hatten (wir) deshalb auch keine Verluste der Bedienungsmannschaften zu beklagen.  

Durch die Geschoßdetonation war auch diesmal wieder der Batteriehohlgang durch Rauch und Sprenggase längere Zeit verpestet und war erst nach 20 Minuten betretbar.  

Die Einschußöffnung wird derzeit provisorisch mit Profilträgerstücken überdeckt und mit einer Sandsackauflage verschlichtet, die ca. 1 m hoch ist. Auch der Stiegenaufgang wird bis auf weiteres mit Sandsäcken abgemauert.  

Der Skodamonteur besichtigte die an der Ober- und Unterlafette entstandenen Schäden, beurteilt diese aber nicht als schwerwiegend und verspricht, diese in einer Woche wieder in Ordnung zu bringen.  

Und so mußten wir untätig zusehen, wie unsere schöne, stolze 10 cm Turmhaubitzbatterie im Laufe eines Tages zusammengeschlagen wurde, ohne dagegen etwas unternehmen zu können, da die feindlichen Schwerkaliber außerhalb der Portee unserer Werksartillerie etabliert sind. Der Ausfall von drei Drehpanzergeschützen an einem Tag bedrückt uns sehr schwer und geht uns sehr nahe.  

Der Haubitzverbindungsgang erhielt auf dessen Decke einige schwere 30,5 cm-Treffer, die zwar nicht durchschlugen, aber das Betongewölbe so stark schwächten, daß bei dem nächsten Treffer auf die gleichen Stellen mit einem Durchschlag zu rechnen ist.  

In den bereits mit Drahtschanzkörben ausgeschlichteten Abort und Waschraum im II. Stock des Kasemattenblocks schlagen drei 30,5 cm-Treffer ein, die zwar keinen weiteren Schaden anrichten können, da dort sowieso alles demoliert und zertrümmert ist.  

Die ganze Front der Haubitzbatterie bildet eine schräge Schutthalde in den Graben, der bereits mehr als zwei Meter hoch verschüttet ist. Die Waffen in der Grabenstreiche haben keinen Ausschuß mehr; deren Scharten sind vollkommen verschüttet.  

Sehr stark wurde auch die Decke oberhalb der Traditorenbatterie in Mitleidenschaft gezogen. Dort sind zwei riesige Sprengtrichter entstanden, von denen einer bis auf die Oberflanschen der Deckenträger der linken 8 cm-Traditorkasematte reicht. Der drehbare Panzerbeobachtungsstand ist verschüttet und derzeit nicht sichtbar. Auch die linke Scharte der einen 8 cm-Minimalschartenkanone ist durch Betontrümmer an deren Ausschuß behindert. Die Decke des Kasemattblocks ist ebenfalls ein einziges Trichterfeld, doch erfolgte kein Deckendurchschlag.  

Das beklemmende Gefühl, untätig warten zu müssen, was die nächste Batterielage an 30,5 cm bringt und sich nicht wehren zu können, ist furchtbar. Ja, wenn der Italiener angreifen würde, damit wir ihm mit blanker Waffe entgegentreten könnten - aber der kommt nicht. Er lauert in seinen Sturmgräben und sieht sich das Vernichtungswerk seiner 30,5 cm-Haubitzen aus gesicherter Entfernung an und wartet, bis „Lusern“ sich nicht mehr wehren kann. Aber solange wir noch leben, werden wir ihm, wenn er versuchen sollte, unser Werk mit stürmender Hand zu nehmen, einen blutigen Empfang bereiten.

Wieviel 30,5 cm-Treffer wir heute abbekommen haben, läßt sich nicht feststellen. Jedenfalls, wenn es so weiter geht und der 30,5 cm-Beschuß nicht bald nachläßt, sieht es um den weiteren Bestand des Werks „Lusern“ nicht rosig aus.

Beide Nahkampfanlagen „Viaz“ und „Oberwiesen“ wurden durch die 28 cm-Batterie mit ca. 50 Schuß unter Feuer gehalten, (es wurden) aber keine wesentlichen Beschädigungen dort erzielt. Fünf Deckentreffer auf „Oberwiesen“ und drei auf „Viaz“ waren das Ergebnis des Beschusses. Kein Deckendurchschlag oder Panzertreffer! Beide Ziele sind infolge deren Kleinheit schwer zu treffen; (auch) wurde das Feindfeuer durch die unerhört starke Rauchentwicklung in deren genauen Schußbeobachtung sehr beeinträchtigt. (Die) Wasserleitung (ist) an zwei Stellen zerschossen, so daß kein Zufluß in die Werkszisterne erfolgt. (Die) Telephonverbindungen (sind) jedoch alle unbeschädigt.  

Der Stollen ist bis auf wenige Meter in beiden Vortrieben auf sein volles Profil ausgebrochen und kann zur Not schon benützt werden. Die Montage der Lüftungsrohre schreitet rasch vorwärts, und (wir) können hoffen, in einigen Tagen, wenn Werk „Lusern“ bis dahin noch existiert, endlich laufend mit Frischluft versorgt zu werden. Beide Lüftermaschinen sind montiert und warten nur auf den Kabelanschluß. Für unsere zukünftige Werksversorgung wird der Felsstollen eine Wohltat sein.  

So unglaublich es klingen mag: Wir hatten heute keinen Mann Verlust oder Verwundete!  

Seit dem 15. August wurden dem Werk „Lusern“ an die 2.300 Schuß vom Kaliber 30,5 und 28 cm zugedacht, die nahezu 1.200 Werkstreffer erzielten. Eine unvorstellbare Trefferzahl, und es ist kaum zu glauben, daß unser Werk überhaupt noch steht, in seinem Innern Menschen leben, die trotz aller Mühsal, Not, Entbehrung und aller Schrecknisse bereit sind, den ihnen anvertrauten Schutthaufen bis zum letzten Mann zu verteidigen.  

Gegen 5 Uhr kommen unser Gruppenkommandant Oberst Ellison und Hauptmann Schneider zu uns ins Werk. Unser Oberst berichtet uns, daß es  von  seinem  Beobachtungsstand  auf der Cost’alta schaurig anzusehen war, wie ein italienischer Dreissiger nach dem anderen in unserem Werk einschlug und man dort den Eindruck hatte, daß kein Stein mehr auf dem anderen übrig bleiben wird. Allen Mannschaften sprach er weiteren Mut zu und unbedingtes Ausharren bis zum letzten Blutstropfen. Vielen unserer getreuen Kämpfer schüttelt er die Hände und läßt noch und noch Zigaretten, das Wichtigste für den Soldaten, verteilen, die sein Bursche bei seinen Besuchen immer in großen Mengen mitbringt. Auch Sonderrationen von Rum, Tee und Wein werden zum Schrecken unseres Proviantoffiziers auf seine Anordnung an unsere Leute ausgegeben.  

Wie unser Oberst im Werk ist, schlägt die Stimmung schlagartig um. Überall sieht man frohe und freudige Gesichter; denn dieser einmalige Offizier versteht es, durch seine Persönlichkeit allein Wunder zu wirken und dem Abwehrwillen der Besatzung neuen Impuls zu geben.  

Alles wird auf das eingehendste besichtigt. Und Oberst Ellison ordnet an, daß sofort die 10 cm-Turmhaubitzen Nr. III, IV und I desarmiert werden. Die Rohre (und die) Unter- und Oberlafetten sollen sofort ausgebaut werden, um diese vor der endgültigen Zerstörung zu bewahren.  

In der Grabenstreiche werden die zwei 6 cm-Minimalschartenkanonen und die zwei Maschinengewehre in das Obergeschoß übertragen, um von dort aus die Reste unseres einstigen Werksgrabens zu bestreichen. In die Panzerkuppeln der Turmhaubitzen Nr. III und IV kommt je ein mobiles Maschinengewehr zur Nahverteidigung. Der leere Turmschacht der Turmhaubitze Nr. I wird mit Sandsäcken verstärkt. Im Bedarfsfalle kommen dann zwei mobile Maschinengewehre dort zur Aufstellung, um bei einem Nahangriff des Feindes von dort aus zu wirken. Die Reparaturen an den Drehpanzern der Turmhaubitzen Nr. III und IV sind einzustellen und für einen späteren Termin vorzusehen.  

Unser Werkskommandant erhält den Befehl, falls es nicht möglich sein sollte, die Decke oberhalb der Traditorenbatterie in absehbarer Zeit auszubessern, auch die beiden 8 cm-Minimalschartenkanonen auszubauen, um diese vor der Vernichtung zu bewahren.  

Hinter dem Werk, gedeckt im Wald, sind sofort drei Betonfundamente für die drei ausgebauten 10 cm-Turmhaubitzen zu errichten, die vor dort aus zu wirken haben. Unser Werkskommandant und Hauptmann Schneider wie unser Fortifikationswerkmeister Weselsky ermitteln anschließend an die Besprechung mit unserem Oberst sofort die Lage der neuen Batteriestellung für die drei Turmhaubitzen.  

Unser Oberst teilt uns noch mit, daß derzeit keine Anzeichen für einen neuerlichen Großangriff des Feindes bevorstünden, wie jener am 24. August, und daß der Italiener erst nach erhoffter völliger Erledigung durch den 30,5 cm Beschuß von „Verle“ und „Lusern“ neuerlich versuchen wird, sich dieser beiden widerspenstigen Bollwerke zu bemächtigen. ( Die Italiener nannten das Werk „Lusern“ respektvoll „Il padre eterno“, also „Der ewige Vater“).
 Nach Agentenberichten sollen angeblich zwei italienische 38 cm Schiffsgeschütze, die für stillgelegte Schlachtschiffbauten bestimmt waren, im Frühjahr gegen uns zum Einsatz kommen. Aber, vertröstet uns unser Oberst, bis dahin haben (wir) den Gegner schon längst in die italienische Tiefebene hinuntergeworfen, und (es) wird zu diesem Einsatz der Riesenkaliber nicht mehr kommen.

Sehr beeindruckt hat unsern Oberst der nun fast fertige Felsstollen, eine Riesenarbeit, die trotz aller Widerstände, Material- und Personalmangel in der unglaublich kurzen Zeit bewältigt werden konnte.  

Im Felsstollen sollen noch zwei Bereitschaftskavernen ausgebrochen werden, die für alle Fälle, falls der Beschuß und die Zerstörungen weiter anhalten sollten, dort völlig sicheren Schutz der Besatzung des Werks dort gewähren sollen.  

Auch vom Pumpwerk der Wasserversorgung „Viaz“ will der Oberst noch einen Felsstollen zu unserem neuen Versorgungsstollen errichten lassen, um ein völlig gesicherte Wasserversorgung des Werkes zu erreichen.  

Außerdem sollen wir noch heute Nacht eine Abteilung Pioniere und fünfzig Landsturmarbeiter zugeteilt erhalten, um die dringendsten Schäden, so gut es geht, zu beheben.  

Erst um 10 Uhr abends verabschiedet sich Oberst Ellison von uns Offizieren, nachdem er den auf den Werksdecken schuftenden Mannschaften ebenfalls ein Lebewohl zugerufen hatte.  

Während der Nacht (herrscht) völlige Feuerstille. Kein Schuß fällt.  


Der 305mm Skoda Mörser, der das italienische Fort Verena vernichtete.

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